Erstmals seit vier Jahren stellt sich Russlands Präsident wieder der Weltpresse. Erste Themen: Adoptionsrecht und Gérard Depardieu.

Moskau/Berlin. Nach vier Jahren Pause ist Russlands Präsident Wladimir Putin auf die große Bühne der Medien zurückgekehrt. Bei der Jahrespressekonferenz im Moskauer Zentrum für Internationalen Handel am Fluss Moskwa hat er am Donnerstag mehr als 1200 Journalisten aus dem In- und Ausland Rede und Antwort gestanden.

Als erste Themenkomplexe griff Putin das geplante Adoptionsverbot für russische Kinder durch US-Familien und die Debatte um die Reichensteuer in Frankreich auf. Dabei machte er Schauspieler Gérard Depardieu ein überraschendes Angebot - die russische Staatsbürgerschaft angeboten.

„Falls Gérard wirklich eine russische Aufenthaltsgenehmigung oder einen russischen Pass will, so ist diese Frage bereits positiv entschieden“, sagte Putin. Allerdings fühle sich Depardieu als Europäer. „Er liebt sein Land und dessen Kultur sehr, er lebt sie.“ Depardieu mache gerade harte Zeiten durch. Putin betonte, er habe enge freundschaftliche Beziehungen mit dem 63-jährigen Schauspieler – „obwohl wir uns wenig sehen“.

Das Adoptionsverbot für russische Kinder durch US-Familien verteidigte der 60 Jahre alte Kremlchef. Misshandlungen würden in den USA nicht verfolgt, deshalb sei das Gesetz richtig, sagte Putin. Er kritisierte zudem, der „Magnitsky Act“, der russische Beamte für Menschenrechtsverletzungen bestraft, vergifte die Beziehungen zwischen Moskau und Washington. Die USA lebten in der Vergangenheit, wenn sie ein anti-russisches Gesetz gegen ein anderes austauschten. Auch die USA würden Menschenrechte verletzen, etwa auf Kuba im Lager Guantánamo. „Stellen Sie sich vor, bei uns gäbe es das“, sagte Putin.

Erwartet wurden zur Jahrespressekonferenz von Putin außerdem Stellungnahmen zu Russlands Syrienpolitik und zum Umgang mit der Opposition im eigenen Land nach dem Urteil gegen Aktivistinnen der regierungskritischen Punkband Pussy Riot im August.

Putin-Sprecher zerstreut Gerüchte um Gesundheit

Die russischen Medien hatten den Auftritt Putins im Vorfeld ausgiebig angekündigt. Putins Sprecher Dmitri Peskow sagte der Nachrichtenagentur ITAR-Tass am Donnerstag, der Präsident verfüge über „eine große Menge Informationen in allen Lebensbereichen“ und habe sämtliche Zahlen und Statistiken im Kopf. Das sei eine „gigantische Leistung“, sagte Peskow vor Konferenzbeginn. Mit dem Hinweis auf die „hervorragende Form“ des Präsidenten“ wollte Peskow offenbar auch Gerüchte um Putins angeschlagene Gesundheit zerstreuen.

Eine Zeitvorgabe für den Fragenmarathon gab es nicht. Putins Rekord bislang: hundert Fragen in vier Stunden und 40 Minuten. Der Präsident habe sich mit „titanischer Arbeit“ auf die Fragestunde zu innen- und außenpolitischen Themen am Vorabend des EU-Russland-Gipfels vorbereitet, sagte Sprecher Peskow.

Zuletzt war vor allem im Ausland die Kritik am harten Vorgehen der russischen Führung gegen die Opposition und Menschenrechtler immer lauter geworden. Ex-Geheimdienstchef Putin hatte am 7. Mai seine insgesamt dritte Amtszeit im Kreml angetreten.

Für das Medienereignis waren 1040 russische und 186 ausländische Journalisten akkreditiert. Simultandolmetscher übersetzten außer auf Englisch und Französisch auch auf Deutsch. Zuletzt hatte sich Putin am 14. Februar 2008 kurz vor dem Ende seiner zweiten Amtszeit als Präsident der internationalen Presse gestellt.