Berlin/Jerusalem. Offiziell nennt es die Bundesregierung ein "offenes Gespräch unter Freunden"- eine Umschreibung für Klartext: Heute Abend empfängt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Israels Premier Benjamin Netanjahu zu einem Abendessen in Berlin. Morgen folgen dann die deutsch-israelischen Regierungskonsultationen. Für Netanjahu dürfte es eine schwere Visite werden. Die Stimmung zwischen Berlin und Jerusalem ist so schlecht wie lange nicht mehr.

Auslöser war die Uno-Vollversammlung, wo Palästina vorige Woche zum Beobachterstaat aufgewertet wurde. Im Gegensatz zu 15 europäischen Partnern, die für den Antrag der Palästinenser stimmten, enthielt sich Deutschland zwar. Aber Netanjahu hatte, im Vertrauen auf das besondere Verhältnis als Folge des Holocaust, mit einer deutschen Neinstimme gerechnet. In einer Art Trotzreaktion verkündete Israel dann den Bau von 3000 weiteren Wohnungen auf Palästinensergebiet, was weltweit und auch in Berlin heftig kritisiert wurde. Doch Netanjahu zeigt sich unbeirrt. Gestern hieß es in Jerusalem, es würden zusätzlich noch einmal 1600 Wohneinheiten geplant.

SPD und Grüne forderten Merkel beim Treffen mit Netanjahu zu deutlicher Kritik auf. Die deutsch-israelische Gesellschaft riet der Kanzlerin dagegen, Stillschweigen über den Inhalt der Gespräche zu wahren. "Es ist wichtig, dass niemand das Gesicht verliert, auch in einer so schwierigen und zugespitzten Situation", sagte der Präsident der Gesellschaft, Reinhold Robbe (SPD), im Deutschlandradio Kultur.