Nach Angriffen meldeten Aktivisten mehr als 25 Opfer unter den Rebellen. Eine vorgeschlagene Waffenruhe scheint immer unwahrscheinlicher.

Beirut/Ankara. Syrische Kampfflugzeuge haben am Dienstag eine strategisch wichtige Ortschaft im Norden des Landes angegriffen und damit eine vorgeschlagene Waffenruhe in weite Ferne rücken lassen. Nach den Angriffen auf Maaret al Numan meldeten Aktivisten mehr als 25 Opfer unter den Rebellen, konnten aber keine genauen Angaben zur Zahl der Getöteten und Verletzten machen. Der internationale Sondergesandte Lakhdar Brahimi hatte eine Waffenruhe ab Freitag vorgeschlagen. Weder die Rebellen noch die Regierung in Damaskus wollten jedoch Garantien dafür abgeben.

Die Rebellen nahmen Maaret al Numan Anfang des Monats ein. Der Ort liegt an der Hauptstraße zwischen Damaskus und der Handelsmetropole Aleppo. Mit ihrer Kontrolle über die Ortschaft gelang es den Rebellen, den Nachschub der Streitkräfte in den Nordwesten zu stören und so die Regierungstruppen bei ihrem Kampf um Aleppo, die größte Stadt des Landes, zu behindern.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf den syrischen Regierungssoldaten vor, in den vergangenen zwei Wochen ihre Angriffe mit Streubomben verstärkt zu haben. Die Organisation bezog sich in ihren Angaben auf Amateurvideos und Gespräche mit Opfern und Aktivisten. Sie erklärte, sie habe Informationen über mehr als 35 Orte, an denen die international geächteten Bomben eingesetzt worden seien. Streubomben verteilen kleinere Bomben in ihrer Umgebung. Die syrische Regierung hat ihren Einsatz dementiert.

Vier Tage Feuerpause ab Freitag vorgeschlagen

Am Dienstag schlug ein syrisches Flugabwehrgeschoss in einem Gesundheitszentrum der türkischen Grenzstadt Reyhanli ein, verletzte aber niemanden. Es könnte von regierungstreuen Streitkräften abgefeuert worden sein, die auf syrischer Seite in Haram Rebellen bekämpften, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Dogan.

Brahimi, der Sondergesandte von UN und Arabischer Liga, hatte die Konfliktparteien dazu aufgerufen, während des am Freitag beginnenden muslimischen Opferfests vier Tage lang die Waffen ruhen zu lassen. Weder der syrische Präsident Baschar Assad noch die Rebellen haben sich aber bislang dazu verpflichtet. Der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdul Rahman, erklärte, es gebe keine Hinweise darauf, dass beide Seiten zu einer Waffenruhe bereit seien.

Der Vorsitzende des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Abdelbaset Sieda, sagte am Dienstag, die Rebellen wollten die Waffen während des Opferfestes ruhen lassen. Sie würden jedoch auf Angriffe reagieren. In Damaskus sagte der stellvertretende Außenminister Faisal Mekdad, die Regierung kooperiere mit Brahimi.

In Beirut, der Hauptstadt von Syriens Nachbarland Libanon, kehrte am Dienstag nach tagelangen Unruhen wieder Normalität ein. Dort war am vergangenen Freitag eine Autobombe explodiert, die den Geheimdienstchef Wissam al Hassan und sieben weitere Menschen tötete. Demonstranten protestierten danach gegen die Regierung, die aus ihrer Sicht zu enge Beziehungen zum Assad-Regime pflegt.

Mehr als 350.000 Menschen geflüchtet

Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte beziffert die Zahl der Toten im Bürgerkrieg mittlerweile auf über 34.000. Eingerechnet seien Zivilisten, Rebellen und mehr als 8.000 getötete Regierungssoldaten, sagte der Vorsitzende Abdul Rahman.

In Genf stellte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Dienstag neue Zahlen zu syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen vor. Demnach sind mittlerweile jeweils gut 100.000 Syrer in den Libanon, nach Jordanien und in die Türkei geflohen. Der Irak habe bereits mehr als 42.000 Flüchtlinge aufgenommen, sagte UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming. In Nordafrika seien rund 6.800 Syrer registriert. Insgesamt sind damit seit Beginn der Aufstände vor 19 Monaten mehr als 350.000 Menschen geflüchtet. Fleming ging allerdings von Zehntausenden weiteren Menschen aus, die nicht in Flüchtlingslagern leben.