In der letzten TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl geht es vor allem um die Außenpolitik. Der Sieg kann für beide ausschlaggebend sein.

Monatelang war für US-Präsident Barack Obama die öffentliche Anerkennung seiner Außenpolitik eine Konstante im Wahlkampf. Die Terrororganisation Al-Kaida wirkt angeschlagen, ihr Führer Osama bin Laden ist tot. Obama hält sich zugute, die Truppen aus dem Irak heimgeholt und einen Fahrplan für das Ende des Einsatzes in Afghanistan vorgelegt zu haben. Wo der Präsident auftauchte, jubelten ihm Menschen zu und Umfragen zeigten, dass eine Mehrheit Obamas Außenpolitik guthieß. Doch zwei Wochen vor der Präsidentschaftswahl am 6. November hat sich die Situation geändert, vor der TV-Debatte zur Außenpolitik am Montag ist Gegenwind aufgekommen.

Die Lage in Libyen spitzt sich zu. Die politische Situation in einigen Ländern des Arabischen Frühlings ist von Unsicherheit geprägt. Die Verhandlungen um das iranische Nuklearprogramm kommen nicht voran. In Afghanistan sterben US-Soldaten durch Angriffe örtlicher Sicherheitskräfte. Europa kämpft weiter mit seiner Wirtschafts- und Finanzkrise. Der UN-Sicherheitsrat findet keine gemeinsame Position zum Bürgerkrieg in Syrien. Chinas Aufschwung ebbt ab.

Herausforderer Mitt Romney verfügt nur über wenig Erfahrung in der Außenpolitik. Er wird aber versuchen, sich den Fernsehzuschauern und Wähler als geeigneter Oberbefehlshaber der Streitkräfte zu präsentieren und Obamas Kurs als zu zögerlich darzustellen. Der Amtsinhaber wiederum wird vor einer Außenpolitik Romneys warnen, „die uns in Kriege führt ohne Plan, wie man wieder rauskommt“.

Die Debatte dürfte bei dem tödlichen Angriff auf das US-Konsulat in Bengasi anknüpfen. Die Ereignisse vom 11. September hatten schon beim zweiten TV-Duell für Streit gesorgt. Romney wirft Obamas Regierung Nachlässigkeiten vor und stellt die Frage, ob die diplomatischen Einrichtungen der USA in Libyen nicht besser geschützt werden müssten.

In der Iran-Frage hat die Tageszeitung „The New York Times“ am Wochenende berichtet, dass Obama direkte Verhandlungen mit Teheran über das Atomprogramm für möglich hält. Das Weiße Haus hat die Meldung zwar dementiert. Aber bilaterale Gespräche wären ein Argument gegen Romneys Kritik, der glaubt, Obama tue nicht genug, um Israel vor der nuklearen Bedrohung durch den Iran zu schützen.

Geleitet wird das TV-Duell von CBS-Moderator Bob Schieffer. Fünf Themen zu Amerikas Rolle in der Welt hat Schieffer vor dem Auftritt vor Millionenpublikum benannt: Nahost, Terrorismus, Afghanistan und Pakistan, Iran und Israel sowie die wachsende Bedeutung Chinas.

Anders als in der Wirtschafts- und Sozialpolitik verfolgen Obama und Romney in der Außenpolitik nicht so sehr unterschiedliche Ziele, sondern eher verschiedene Strategien. Beide wollen etwa 2014 alle Kampftruppen aus Afghanistan abziehen – Romney möchte den Schritt aber nicht zu hastig vollziehen. Der Herausforderer hat auch die US-Sanktionen gegen den Iran unterstützt, hält aber Obamas militärischen Drohungen Richtung Teheran für zu schwach.

Die zwei Kandidaten sind sich einig über die Bedeutung des Handels mit China. Doch Romney wirft Peking vor, Währungskurse zu manipulieren und könnte sich vorstellen, zum Schutz der US-Industrie Importsteuern einzuführen. Noch halten sowohl Obama als auch Romney nichts von einem Einsatz der US-Streitkräfte im syrischen Bürgerkrieg – Romney fordert trotzdem eine „durchsetzungsfähigere“ Taktik für den Konflikt.

Die Wähler wünschen sich starke Führer, Obama kann also nicht zu defensiv agieren. Auf der anderen Seite sind die USA kriegsmüde, Romney sollte deshalb nicht zu aggressiv klingen. Während Obama mit dem Friedensnobelpreis und einer soliden außenpolitischen Bilanz aufwarten kann, hängen Romney noch Fehltritte aus dem Sommer an. In Großbritannien hatte er mit Zweifeln an den Sicherheitsvorkehrungen für die Olympischen Spiele angeeckt und in Israel die Palästinenser verärgert, als er die jüdische Kultur als Grund für größeren wirtschaftlichen Erfolg anführte.

Trotzdem hat der Republikaner unter Wählern auch im Feld der Außenpolitik Boden gut gemacht. In einer Umfrage von Pew Research lagen Obama und Romney Anfang Oktober fast gleichauf bei der Frage, wer außenpolitische Herausforderungen besser lösen könne. Im September hatte Obama bei der gleichen Frage noch 15 Prozentpunkte Vorsprung. Ein Erfolg aber bleibt dem demokratischen Amtsinhaber, den selbst Romney anerkennt. „Wichtiger Hinweis: Wir haben bin Laden erwischt“, sagte Obama vergangene Woche bei einer Spendengala.