Vor dem EU-Beitritt Kroatiens am 1. Juli 2013 muss das Land unter anderem in der Innen- und Justizpolitik umgehend „zehn Gebote” erfüllen.

Brüssel/Belgrad. Gut acht Monate vor dem EU-Beitritt verstärkt Brüssel den Druck auf Anwärter Kroatien. Zagreb müsse umgehend „zehn Gebote“ erfüllen, unter anderem in der Innen- und Justizpolitik, sagte Erweiterungskommissar Stefan Füle am Mittwoch in Brüssel. Wegen Blockaden und mangelnder Reformen kommt die Erweiterungspolitik insgesamt nur schleppend voran – neue Termine für Beitritte über Kroatien hinaus gibt es nicht. Der Adriaanrainer soll zum 1. Juli 2013 das 28. Mitgliedsland der EU werden.

Problematisch ist für Brüssel der Anwärter Serbien. Für Beitrittsverhandlungen müssten die Beziehungen mit Kosovo verbessert werden. Der serbische Regierungschef Ivica Dacic drohte postwendend mit dem Ende des von der EU vermittelten Dialogs. Die EU fordere erstmals, Serbien müsse die „territoriale Integrität Kosovos“ anerkennen, sagte Dacic in Belgrad. „Ich bin ziemlich beunruhigt über eine solche Äußerung“, sagte Dacic, „denn sie befördert nicht den Beginn des Dialoges, sondern kann ihn beenden“.

Füle sagte mit Blick auf Kroatien: „Es ist wichtig, dass das Land seine Verpflichtungen erfüllt.“ Er pocht unter anderem darauf, dass Zagreb eine Migrationspolitik verabschiedet und bestimmte Einwanderergruppen schützt. 13 der 27 Mitgliedstaaten haben den Erweiterungsvertrag mit Kroatien bereits gebilligt (ratifiziert). Füle schloss aus, das Land nach dem Beitritt von Brüssel aus besonders zu überwachen. „Meine Aufgabe ist, dass es (bis zum Beitritt) keine Überbleibsel gibt.“

Albanien soll Kandidat für einen künftigen Beitritt werden. Die Behörde attestierte Tirana gute Fortschritte. Es müssten für den neuen Status aber noch Vorbedingungen erfüllt werden. Das Balkanland fällt bisher mit organisierter Kriminalität, Korruption und mangelnder Rechtsstaatlichkeit auf. Die Kommission bewertete insgesamt neun Länder. Dabei geht es darum, ob Politik und Wirtschaft EU-Standards entsprechen.

Die Verhandlungen mit dem Aspiranten Türkei stecken seit längerem wegen gegenseitiger Blockaden fest. „Wir haben die Schlüssel in der Hand, um die Lage zu deblockieren“, meinte Füle. Er mahnte die Achtung von Grundrechten wie der Meinungsfreiheit in dem Land an.

Kandidat Island ringt mit der EU um die für das Inselland so wichtigen Fischereirechte und die Entschädigung britischer und niederländischer Anleger nach Bankenkrisen. Hinter vorgehaltener Hand heißt es, die Verhandlungen liefen zwar gut, aber nicht so gut wie erwartet.

Die Grünen im Europaparlament forderten, die Union dürfe wegen der Eurokrise nicht weiter in Erweiterungsmüdigkeit verfallen. „Kroatien muss insbesondere auf den Feldern Justizreform, Kampf gegen Korruption und Verfolgung von Kriegsverbrechen nachbessern“, erklärte die Abgeordnete Franziska Brantner. Der sozialdemokratische EU-Parlamentarier Wolfgang Kreissl-Dörfler sagte: „Ich bin zuversichtlich, dass Kroatien die noch auferlegten Verpflichtungen bis zum abschließenden Monitoring-(Überprüfungs-)Bericht im kommenden Frühjahr erfüllen wird.“