Die Uno-Vollversammlung kommt aber weder im Atomstreit mit dem Iran noch bei anderen großen Konflikten voran.

New York. Einen Monat hatte Deutschland den Vorsitz im Uno-Sicherheitsrat. Ein Monat leiser Hoffnung, dass sich etwas bewegt im Syrien-Konflikt oder im Atomstreit mit dem Iran. Doch zum Ende der deutschen Präsidentschaft bleibt nicht viel mehr als die Feststellung, dass sich die Konflikte zumindest nicht verschärft haben. Am Montag übernimmt Guatemala für einen Monat den Vorsitz im mächtigsten Uno-Gremium.

"Besorgt" ist das wohl häufigste Wort, das Außenminister Guido Westerwelle in den vergangenen Tagen am Uno-Sitz in New York benutzte. Hier hatten sich mehr als 120 Staats- und Regierungschefs sowie Dutzende Außenminister versammelt, um die Probleme der Welt zu beraten. Als Präsident des Sicherheitsrats war Westerwelle gefragt wie nie zuvor: Gut 60 Gespräche, hochrangige Treffen oder Konferenzen brachte er in einer Woche hinter sich. Greifbare Ergebnisse gibt es kaum. Ein Uno-Diplomat umreißt es so: "Wer redet, der schießt nicht."

In seiner Abschlussrede als Sicherheitsratsvorsitzender hat Westerwelle den Iran aufgefordert, im Streit um sein Atomprogramm einzulenken und nicht länger auf Zeit zu spielen. Er verlangte eine "ernsthafte Antwort" auf die Verhandlungsangebote der internationalen Gemeinschaft. Ebenso wie im Syrien-Konflikt sei Deutschland aber weiterhin für eine "politische Lösung". Es gehe "auch darum, die Gefahr eines nuklearen Rüstungswettlaufs mit unabsehbaren Folgen für die internationale Sicherheit abzuwenden". Der Iran steht im Verdacht, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms an der Atombombe zu arbeiten.

Dessen Präsident Ahmadinedschad polterte erwartungsgemäß gegen den Westen und geißelte eine "andauernde Gefahr durch die unzivilisierten Zionisten". Darauf antwortete tags darauf der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit einer aufrüttelnden Rede. Ein Iran, der in den Besitz nuklearer Waffen gelangt sei, stelle die größte Gefahr für den Weltfrieden dar, sagte Netanjahu in New York. Von der internationalen Gemeinschaft forderte er eine klare "rote Linie", um dies zu verhindern. Netanjahu forderte in der Vollversammlung entschlossene Maßnahmen gegen Teheran. Die Zeit, eine atomare Bewaffnung Teherans zu verhindern, werde knapp. Während seiner halbstündigen Rede vor der Uno-Vollversammlung hielt Netanjahu zur Illustration überraschend eine Grafik mit einer stilisierten Bombe hoch und sagte, der Iran habe bereits 70 Prozent der Fähigkeiten zum Bau einer Atombombe erreicht. Dann warnt er: "Bei 90 Prozent muss Schluss sein." Sonst wäre das iranische Atomwaffenprogramm nicht mehr zu stoppen. Die Grenze markiert er mit einem Filzstift auf dem Plakat. Und nennt gleich noch einen Zeitpunkt: Sommer 2013.

Netanjahu hält die internationalen Sanktionen und die diplomatischen Bemühungen, den Iran zur Aufgabe seines Programms zur Urananreicherung zu bewegen, für gescheitert. Dem widerspricht aber ausgerechnet ein Bericht des israelischen Außenministeriums. Demnach treffen die Sanktionen den Iran schwer. So seien die iranischen Ölexporte im vergangenen Jahr um 50 Prozent gesunken, Lebensmittel- und Strompreise seien in die Höhe geschossen, meldete die Tageszeitung "Haaretz". Derweil einigte sich die Staatengruppe der ständigen Sicherheitsratsmitglieder plus Deutschland im Bemühen um eine friedliche Lösung auf eine Intensivierung der Atomgespräche mit Teheran.

Der älteste Konflikt der Uno, die Gründung eines eigenen palästinensischen Staates, kam ebenfalls nicht voran. Zwar gab es eine flammende Rede von Präsident Mahmud Abbas, der Israel einen "Feldzug der ethnischen Säuberung gegen das palästinensische Volk" vorwarf. Standing Ovations nach seinem Uno-Auftritt konnten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Forderung nach Aufnahme als Staat ohne Mitgliedschaft bei der Vollversammlung der Vereinten Nationen hinter die bisherige Position zurückfällt. Im Sicherheitsrat liegt der Antrag auf Vollmitgliedschaft auf Eis.

Im Fokus aller Gespräche stand Syrien. "Hier besteht die Gefahr, dass ein Land nach dem anderen in der Region in Brand gesetzt wird", beschreibt Westerwelle das Problem. Geostrategisch ist das arabische Land von höchster Wichtigkeit. Das Regime in Damaskus ist nicht nur der letzte Verbündete des Iran in der Region, sondern auch Waffenlieferant für die radikalislamische Hisbollah im Libanon und steht direkt wie indirekt im Konflikt mit Israel. Fällt Syrien, so die Hoffnung in New York, fällt auch eine wichtige Bastion im Atomstreit mit dem Iran.

Abseits der großen politischen Trampelpfade wurden ebenfalls brisante Themen wie Jemen, Kongo oder Mali heiß diskutiert. Im Jemen droht im Fall eines Scheiterns des nationalen Dialogs, der Mitte November beginnen soll, ein Bürgerkrieg. Bei einem Treffen der "Freunde des Jemens" am Rande der Uno-Vollversammlung stellte Westerwelle daher weitere deutsche Hilfe in Aussicht. Der Osten des Kongo kommt nach dem Völkermord in Ruanda 1994 bis heute nicht zur Ruhe. Hier warnte Westerwelle als Präsident des Weltsicherheitsrats Ruanda mit aller Deutlichkeit vor einer Einmischung. Besorgt zeigte sich Westerwelle schließlich auch über Mali, wo sich nach seinen Worten "religiöse Extremisten und Terroristen" breitmachen. Da zieht er sogar schon Parallelen zu Afghanistan.

Bleibt noch die seit Jahren diskutierte Reform der Vereinten Nationen. Auch hier wurde viel geredet, greifbare Ergebnisse gibt es indes nicht. "Wenn die Vereinten Nationen nicht repräsentativer für die Welt des 21. Jahrhunderts werden, wird ihre Rolle und Legitimität auf Dauer geschwächt", sagte Westerwelle zu fehlendem Änderungswillen. Das trifft nicht zuletzt auf den Sicherheitsrat zu. Dieser ist aus Sicht des Generalsekretärs der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, an der Syrien-Frage "gescheitert".

Ein Lichtblick ist aber zu sehen: Unter deutscher Präsidentschaft hat sich der für Frieden in der Welt zuständige Uno-Sicherheitsrat zu einer vertieften Kooperation mit der Arabischen Liga durchgerungen. Das ist ein kleiner persönlicher Sieg für Westerwelle.