Die Wahl ist für Hugo Chávez noch lange nicht sicher. Denn die Opposition in Venezuela hat sich erstmals auf einen Kandidaten geeinigt.

Buenos Aires. Venezuelas linkspopulistischer Präsident Hugo Chávez will am 7. Oktober zum dritten Mal in Folge gewählt werden. Seine Schlagworte sind Vaterland und Sozialismus - 70 Prozent der Stimmen hat der Commandante als Ziel vorgegeben. Nur mit großer Zustimmung der Bevölkerung könne er sein Programm umsetzen, das er selbst „ein Übergangsprogramm zum Sozialismus“ nennt. Doch der Kampf sei noch lange nicht gewonnen, mahnt Chávez selbst.

Nach neuesten Umfragen könnten Chávez knapp 44 Prozent der rund 19 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme geben. Für seinen wichtigsten Herausforderer Henrique Capriles sprechen sich etwa 30 Prozent aus. Dass sich noch vier weitere Kandidaten zur Wahl stellen, wird kaum wahrgenommen. Der Rest der Befragten will sich entweder nicht äußern oder ist nicht entschieden.

Dass Chávez nicht unschlagbar ist, zeigte sich zuletzt bei der Parlamentswahl im September 2010. Zwar errangen die Regierungsparteien wegen des Mehrheitswahlrechts 98 der 165 Parlamentssitze. Die zersplitterte Opposition bekam jedoch etwa 400.000 mehr Stimmen als die Regierung.

Auch seine Krebserkrankung hat den 58-jährigen Amtsinhaber geschwächt. Immer wieder wird gerätselt, ob er fit genug ist für weitere sechs Jahre. Anfang Juli verkündete Chávez, er habe den Krebs überwunden. Doch erst vor zwei Wochen bat er Gott öffentlich unter Tränen um Gesundheit, damit er sein Leben dem Vaterland widmen könne.

Herausforderer Capriles punktet dagegen mit Jugend und Vitalität. Der 40-Jährige setzte sich im Februar bei den Vorwahlen klar durch. Es war das erste Mal seit der Amtsübernahme von Chávez 1999, dass sich die Opposition von mehr als mehr als 20 Parteien auf einen gemeinsamen Kandidaten einigte. Ob der Unternehmersohn auch bei den ärmeren Wählerschichten genügend Zustimmung bekommen wird, ist allerdings offen.

Denn dort und bei der neuen Mittelschicht der öffentlichen Angestellten erfährt Chávez seine größte Zustimmung. Nach Angaben der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) sank in Venezuela der Anteil der Armen in den städtischen Gebieten von 49 Prozent im Jahr 1999 auf 29 Prozent im Jahr 2010. „Chávez hat in seinen bisherigen 13 Jahren Amtszeit zweifellos viele aus der Armut geholt“, erklärt die Sozialhistorikerin an der Zentraluniversität in Caracas, Margarita López. Doch seit etwa drei Jahren stagniere der Armutsabbau.

López zufolge leben 26 Prozent der venezolanischen Familien unterhalb der Armutsgrenze. Der Sozialpolitik der Regierung liege ein strukturelles Problem zugrunde: „Es wurde viel verteilt, aber es ist nicht gelungen, die Menschen über qualifizierte Arbeitsplätze aus der Armut zu holen.“ Solche Stellen sind lediglich im öffentlichen Sektor zu finden. In der Privatwirtschaft gibt es weniger Jobs, und wenn dann im informellen Bereich. „Nur wer sich das rote Hemd der Chavisten anzieht, bekommt einen öffentlichen Arbeitsplatz.“ Das ist die neue Mittelklasse der öffentlichen Angestellten.

Die massive Kriminalität ist trotz Armutsbekämpfung nicht zurückgegangen. Nach Angaben des regierungsunabhängen Gewaltforschungsinstituts OVV wurden im Jahr 2011 von je 100.000 Einwohner 67 ermordet. „In Caracas liegt die Zahl bei über 100“, sagt Margarita López. Damit ist es die gefährlichste Metropole in Lateinamerika. Der Staat versage bei der Verbrechensbekämpfung.

Nicht nur in Venezuela, in ganz Lateinamerika werden die Wahlen mit Spannung verfolgt. Denn Chávez ist für die linken Regierungen wie in Bolivien und Ecuador ein wichtiger Verbündeter. Überlebenswichtig ist er jedoch für Länder, die von Öllieferungen und anderen Zuwendungen profitieren. Herausforderer Capriles kündigte bereits an, Venezuela werde ab 2013 „kein einziges Fass Öl mehr an andere Länder verschenken“. Nach seinen Angaben hat das Land allein 2011 rund sieben Milliarden Dollar durch die Abgabe von Öl zu Sonderkonditionen eingebüßt.

Kuba könnte eine Revision am härtesten treffen. Die kommunistische Regierung erhalte täglich 120.000 Fass Öl zu besonderen Bedingungen, sagt der christdemokratische Abgeordnete Carlos Berrizbeitia. Noch schlechter sehe es für Nicaragua aus. Eine Wahlschlappe von Chávez würde dort ein ökonomisches Erdbeben auslösen.