Europäische Union rechnet nicht mehr mit raschem Sturz des syrischen Präsidenten. Westerwelle warnt vor “Flächenbrand“ durch Flüchtlingskrise.

Paphos. Die Europäische Union verschärft die Sanktionen gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Dies vereinbarten die Außenminister der 27 EU-Staaten am Sonnabend in Paphos (Zypern). Die zusätzlichen Strafmaßnahmen – es handelt sich um die 18. Sanktionsrunde – werden voraussichtlich im Oktober beraten und möglicherweise auch beschlossen. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte, es werde vor allem um Maßnahmen gegen den Finanzsektor gehen.

Die EU rechnet auch nicht mehr mit einem raschen Sturz des syrischen Präsidenten. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, die EU müsse „auch, wenn wir uns das nicht wünschen, darauf vorbereitet sein, dass die Flüchtlinge eine längere Zeit in den Flüchtlingscamps untergebracht sein müssen“. „Das heißt, dass es möglicherweise auch noch eine Zeit lang so weitergeht mit der Gewalt in Syrien, dass auch die Wintermonate noch in solchen Flüchtlingslagern überstanden werden müssen.“

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„Die entscheidende Frage ist, ob dies ein Kampf bis zum letzten Mann wird oder ob es eine Art politischen Übergang gibt“, sagte der schwedische Außenminister Carl Bildt. Asselborn meinte: „Wann ist Assad weg? Das kann sechs Monate dauern, ein Jahr dauern, das kann auch anderthalb Jahre noch dauern.“ Die Wahrscheinlichkeit, „dass es noch längere Zeit dauert, dass noch Zehntausende ihr Heim verlieren und flüchten müssen und vielleicht leider auch Tausende ihr Leben verlieren“, sei sehr groß.

„Es gibt Anzeichen dafür, dass diese Leute früher oder später an die Küsten und Grenzen der EU kommen“, sagte der italienische Außenminister Giulio Terzi über die Flüchtlinge aus Syrien. Nach UN-Angaben sind bisher rund 245 000 Menschen vor dem syrischen Regime in die Nachbarstaaten geflohen. Die EU-Staaten haben laut Terzi „ein direktes, unmittelbares Interesse“, den Flüchtlingen in den Lagern zu helfen.

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Deutschland sei bereit, „erhebliche finanzielle Mittel“ zur Hilfe für die Flüchtlinge einzusetzen und werde sich „mit großer Mitmenschlichkeit zeigen“, versicherte Westerwelle. Er sprach von einer „sehr ernsten Lage“: Die Europäer müssten „so bedacht und überlegt handeln, dass nicht die gesamte Region in Brand gesetzt wird, dass kein Flächenbrand entsteht“.

Bildt sagte, die Sanktionen gegen Syrien würden verschärft, „obwohl ich nicht glaube, dass das in der derzeitigen Situation eine größere Wirkung haben wird“. Er fügte hinzu: „Es gibt nur wenig, was wir machen können. Der Finanzsektor arbeitet doch kaum noch.“ Sein französischer Kollege Laurent Fabius sagte hingegen: „Wir haben starke Sanktionen gegen den Iran – warum sollten wir nicht ebenso starke Sanktionen gegen das Assad-Regime haben?“ Paris werde eigene Vorschläge für mögliche zusätzliche Sanktionen machen.

Die EU hat seit Mai 2011 bereit 17 Sanktionen gegen Syrien verhängt. Dazu gehören ein Verbot von Waffenlieferungen und von Ölimporten ebenso wie ein Verbot von Frachtflügen, der Lieferung von Luxusgütern und Einreiseverbote für 155 Personen. Auch Geschäftsbeziehungen zu 55 Unternehmen und Organisationen wurden untersagt.

(dpa)