Nach der eskalierten Gewalt in Südafrika setzt die Justiz nun doch auf Entspannung. Die Mordanklage gegen hunderte Bergarbeiter wird zurückgenommen.

Johannesburg/Pretoria. Nach den tödlichen Ausschreitungen in einer südafrikanischen Platinmine hat die Staatsanwaltschaft die Mordanklagen gegen 270 Bergarbeiter fallengelassen. 160 von ihnen sollten noch am Montag auf freien Fuß gesetzt werden. Die restlichen 110 Bergmänner bleiben weiterhin in Haft, weil die Angaben ihrer Wohnorte nicht überprüft werden konnten.

Die Minenarbeiter waren beschuldigt worden, für den Tod von 34 Kollegen während eines wilden Streiks in der Lonmin-Mine westlich von Pretoria verantwortlich zu sein. Dabei waren die Bergleute bei den Ausschreitungen am 16. August von der Polizei getötet worden. Die Ordnungskräfte hatten angegeben, in Notwehr gehandelt zu haben. Daraus leitete die Justiz den Vorwurf ab, die Demonstranten seien für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

Allerdings bleiben nach den Worten von Staatsanwalt Nigel Carpenter einige Anklagepunkte wie öffentliche Gewalt und illegaler Besitz von Feuerwaffen bestehen. Zehn Menschen waren bereits in den vorangegangenen Tagen bei Zusammenstößen gestorben. Die Ausschreitungen gelten als die schlimmste Gewaltwelle dieser Art seit dem Ende des Apartheid-Regimes 1994. Die Arbeiter hatten eine deutliche Lohnerhöhung verlangt.

Nach der Entscheidung der Staatsanwaltschaft wurden die ersten knapp 50 freigelassenen Bergleute von jubelnden Angehörigen begrüßt. „Ich bin so glücklich, dass wir Nkosi gefunden haben“, jubelte Nomfanel Jali. Die Verwandte hatte vor Freude zu tanzen begonnen, als die erste Gruppe der Bergarbeiter ins Freie kam. Andere sorgten sich weiter um das Schicksal ihrer inhaftierten Angehörigen. Zuletzt waren Vorwürfe laut geworden, die Bergarbeiter würden in Haft gefoltert.

Das britisch-südafrikanische Unternehmen Lonmin fördert über zehn Prozent des weltweiten Platinbedarfs. In Südafrika befinden sich etwa 80 Prozent der weltweit bekannten Reserven des Edelmetalls, das unter anderem zur Herstellung von Katalysatoren, Laborgeräten und Schmuckwaren verwendet wird. (dpa)