Die geständige Frau des chinesischen Politikers Bo Xilai könnte nach zwei Jahren Gnadenfrist mit lebenslanger Haftsstrafe davonkommen.

Hefei/Peking. Die Ehefrau des ehemaligen chinesischen Spitzenfunktionärs Bo Xilai ist wegen Mordes zu einer bedingten Todesstrafe verurteilt worden. Das sagte der Anwalt der Familie des ermordeten Geschäftsmannes Neil Heywood, He Zhengsheng, der der Urteilsverkündung in Hefei am Montag beigewohnt hatte. Eine bedingte Todesstrafe wird gewöhnlich nach einigen Jahren in eine lebenslängliche Haft umgewandelt. Gu Kailai hatte den Mord an Heywood gestanden. Ein als Komplize mitbeschuldigter Hausangestellter wurde zu neun Jahren Gefängnis verurteilt.

He erklärte, er müsse das Urteil mit Heywoods Familie besprechen und wisse nicht, ob diese in Berufung gehen werde. „Wir respektieren das Urteil des Gerichts heute. Danke für Ihr Interesse.“

Gu soll Heywood laut Staatsanwaltschaft im November in ein Hotel gelockt und mit ihm Wein getrunken haben. Als Heywood betrunken war, habe ihm Gu Gift eingeflößt, das der Hausangestellte Zhang Xiaojun ihr gereicht habe. Hintergrund ist nach offizieller Darstellung, dass Gu mit Heywood über Geld stritt und um die Sicherheit ihres Sohnes fürchtete. Die Familie Bo und Heywood unterhielten enge Beziehungen.

Großbritannien begrüßte das Urteil

Die britische Botschaft, deren Konsularvertreter dem Prozess beiwohnten, begrüßte das Urteil. In einer Erklärung hieß es, Großbritannien habe China gemahnt, dass die Verfahren den internationalen Menschenrechtsrichtlinien entsprechen müssten und die Todesstrafe nicht verhängt werden solle. Analysten zufolge dürfte die chinesische Regierung so entschieden haben, weil bei Verhängung der Todesstrafe ein Sturm der Entrüstung gedroht hätte oder Gu als Sündenbock für die Verfehlungen ihres Mannes gesehen worden wäre. Cheng Li von der Brookings Institution in Washington sagte, das Urteil sei gerecht. Seine Einschätzung dürfte auch von der Mehrheit der chinesischen Bevölkerung und Juristen geteilt werden, erklärte er.

Der Prozess erregte internationale Aufmerksamkeit, weil Bo lange als aussichtsreicher Kandidat für höchste Aufgaben in der führenden Kommunistischen Partei galt. Ob Bo in den Mordfall verwickelt war, bleibt offen. Im März verlor er seine Parteiämter. Als Parteichef der Millionenstadt Chongqing war Bo mit seinem Durchgreifen gegen das organisierte Verbrechen landesweit populär geworden, was offensichtlich nicht überall auf Gegenliebe stieß.

Im Zusammenhang mit dem Mord an dem Briten Neil Heywood stehen nach dem Urteil gegen die Politikerfrau Gu Kailai in China noch zwei wichtige Verfahren aus. Völlig unklar ist, was mit Gu Kailais Ehemann, dem gestürzten und aus der Öffentlichkeit verschwundenen Spitzenpolitiker Bo Xilai passiert. Chinesische Staatsmedien berichteten, ihm drohe wegen nicht näher bezeichneter „disziplinarischer Verstöße“ zumindest ein parteiinternes Verfahren. In der Verhandlung gegen seine Frau wurde sein Name nicht erwähnt, trotzdem könnte er auch außerhalb der Parteigremien vor Gericht gestellt werden. „Bo Xilai könnte wegen des Beschützens von Kriminellen angeklagt werden“, sagte Zhang Ming, Politikprofessor der Pekinger Renmin-Universität der Nachrichtenagentur dpa. „Das könnte vier bis fünf Jahre Gefängnis geben.“

Der ehemalige Bürgermeister der westchinesischen Millionenmetropole Chongqing hat offenbar Mordermittlungen seines Polizeichefs Wang Lijun gegen seien Ehefrau Gu Kailai verhindert und stattdessen seinen langjährigen Verbündeten abgesetzt. Wang Lijun flüchtete daraufhin in das US-amerikanische Konsulat. Er soll dort um Asyl gebeten haben, verließ es aber nach US-Angaben nach 24 Stunden freiwillig.

Wang Lijun droht nun nach Berichten chinesischer Medien ein Verfahren wegen Landesverrats. Es soll noch in diesem Monat stattfinden. Analysten glauben, dass Chinas Spitzenpolitiker diese heikle Politaffäre noch vor dem Machtwechsel innerhalb der Kommunistischen Partei im Herbst beenden wollen. Vorgesehen ist, dass Vizepräsident Xi Jinping bei dem Parteitag im Herbst als neuer Staats- und Parteichef Hu Jintao beerbt und Vizepremier Li Keqiang Nachfolger von Regierungschef Wen Jiabao wird.

Mit Material von dpa, rtr und dapd