Eine Schweizer Initiative macht gegen den Bau von Minaretten mobil – mit einem Online-Spiel, bei dem Minarette weggeklickt werden müssen.

Bern. Die Webseite bietet zunächst stilisierte Idylle pur: Ein Alpenpanorama, davor einige Häuser und Kirchtürme, untermalt mit einer sich wiederholenden Melodie auf dem Akkordeon. Doch sobald das Spiel gestartet wird, ist es vorbei mit der Harmonie. Plötzlich wachsen Minarette ins Bild, von denen Muezzine „Allah“ rufen. Dem muss Einhalt geboten werden, meint zumindest die „Eidgenössische Volksinitiative. Für ein Bauverbot von Minaretten“. Sie hat das Online-Spiel eingestellt und damit die Diskussion um den Bau von Minaretten erneut befeuert. Ziel des Spiels ist es laut Spielanleitung, „möglichst viele Punkte zu sammeln, indem Du den Bau der Minarette und den Ruf der roten Muezzine stoppst, bevor die Zeit abgelaufen ist. Um die Zeit zu erhöhen, musst Du die Grünen Muezzine stoppen.“ Dazu bewegt der User mit der Maus einen roten runden Kreis über den Bildschirm und verpasst Minaretten und Muezzinen ein Stoppschild.

Am Ende gibt es Punkte, die Möglichkeit, Freunde zum Spiel einzuladen und einen politischen Aufruf: „Die Schweiz ist voller Minarette. Damit das nicht passiert: Am 29. November „JA zur Minarettsverbots-Initiative“. An diesem Tag stimmt die Schweiz über die Anti-Minarett-Initiative ab. Sie bewegt das Land seit Wochen. Und auch das Spiel sorgt für Aufregung.

„Das ist eine neue und gefährliche Dimension im Umgang mit anderen“, zitiert „20 minuten online“ den Präsidenten der Föderation Islamischer Dachorganisationen, Hisham Maizar. Das Spiel sei abscheulich und menschenentwürdigend. Ähnlich äußerte sich laut Bericht der Präsident der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR), Georg Kreis. Er forderte, dass sich Staatsanwaltschaften und Gerichte mit der Sache beschäftigen müssten. „Unser Problem in der Schweiz sind ganz offensichtlich nicht die Muslime, sondern die vermeintlich ureidgenössischen Taliban“, wird Kreis zitiert.

Die EKR hatte sich schon mehrfach gegen die Anti-Minarett-Initiative gewandt. So empfahl sie Schweizer Städten, die Plakate der Aktion nicht aufzuhängen. Diese „entwürfen ein Bedrohungsszenario des Islam, der die friedliche muslimische Bevölkerung der Schweiz verunglimpft. Dies könnte den sozialen Zusammenhalt und den öffentlichen Frieden gefährden“.

Hinter der umstrittenen Kampagne gegen den Bau von Minaretten stehen vor allem Vertreter der Schweizerischen Volkspartei (SVP) und der Eidgenössisch-Demokratischen Union (EDU). Das fragliche Plakat zu der geplanten Volksabstimmung zeigt eine völlig verschleierte Frau vor der schweizerischen Landesflagge, auf der Minarett-Türme in Raketenform stehen. Gemäßigte Parteien und Muslimverbände sprachen von einem Imageschaden für das Land und kündigten Gegenkampagnen an. Jüngst schaltete sich auch das UNO-Menschenrechtskomitee ein und protestierte gegen die „erschreckende Plakatkampagne“. Die Initiative verletze Völkerrecht.

Kirchenvertreter wandten sich gegen ein Plakatverbot. Der designierte Vorsitzende der Schweizer katholischen Bischofskonferenz, Bischof Norbert Brunner von Sion, sagte, dieser Schritt gehe zu weit. Der Präsident des Evangelischen Kirchenbundes, Thomas Wipf, nannte das Motiv zwar anstößig, räumte aber zugleich ein, es bringe „auch etwas in Bewegung“.

Zuvor hatte sich die Bischofskonferenz wiederholt grundsätzlich gegen die Anti-Minarett-Initiative gewandt. „Ein generelles Minarettverbot würde die unabdingbare Anstrengung behindern, um im Dialog und gegenseitigem Respekt einen gemeinsamen Weg der Integration zu gehen“, heißt es in einer Stellungnahme von September. Die Aufforderung, die Initiative abzulehnen, stütze sich auf „unsere christlichen Werte und die demokratischen Prinzipien in unserem Land“.

Die Initiative ficht die Kritik – auch die aktuelle an dem Spiel – unterdessen offenbar nicht an. Der Präsident des Initiativ-Kommitees, Walter Wobmann (SVP), rechtfertigt sich laut „20 minuten: „Auf die Muezzine wird nicht geschossen, sie werden nur gestoppt.“ (KNA/abendblatt.de)