Der Empfang für den freigelassenen Lockerbie-Attentäter in Libyen hat Empörung ausgelöst. Abdel Bassit Al-Megrahi wurde wie ein Held gefeiert.

Washington/Tripolis. Der begeisterte Empfang für den todkranken Lockerbie-Attentäter in Libyen hat international scharfe Kritik ausgelöst. Die USA erklärten, wenn die libysche Regierung Abdel Basset al-Megrahi nun zum Helden stilisiere, dann werde dies Konsequenzen für das bilaterale Verhältnis haben. Der frühere libysche Geheimdienstagent wurde am Donnerstag vom schottischen Justizminister Kenny MacAskill aus humanitären Gründen begnadigt, da er an Prostata-Krebs im Endstadium leidet.

Auf einem Militärflughafen bei Tripolis waren Tausende Libyer, überwiegend junge Männer, versammelt, um Al-Megrahi enthusiastisch zu begrüßen. Der 57-Jährige verließ das Flugzeug in Begleitung von Saif al-Islam Gaddafi, dem Sohn des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi. Letzterer hatte sich in den vergangenen Jahren intensiv für die Freilassung Al-Megrahis eingesetzt. Zugleich aber übernahm Libyen die Verantwortung für den Lockerbie-Anschlag und sagte den Angehörigen der Opfer Entschädigung zu.

Al-Megrahi beteuerte bei seiner Ankunft in Libyen erneut seine Unschuld. Er sei fälschlicherweise wegen der Explosion einer Pan-Am-Maschine über der schottischen Ortschaft Lockerbie verurteilt worden. Dabei kamen im Dezember 1988 insgesamt 270 Menschen ums Leben, überwiegend US-Bürger. Al-Megrahi bekundete sein Mitgefühl für die Angehörigen der Opfer.

Für viele Libyer galt der verurteilte Attentäter lange Zeit als Sündenbock des Westens, um das nordafrikanische Land aus der internationalen Staatengemeinschaft zu verstoßen. Inzwischen hat sich Libyen aber wieder an den Westen angenähert. Manche Angehörige der Lockerbie-Opfer sahen hierin einen Zusammenhang zu der umstrittenen Freilassung Al Megrahis. „Es ging hier nicht um humanitäre Gründe“, kritisierte Susan Cohen aus New Jersey, dessen damals 20-jährige Tochter in der Pan-Am-Maschine ums Leben kam. „Es ging darum, sich dem Willen Gaddafis zu beugen, damit er uns sein Öl liefert.“

US-Präsident Barack Obama bezeichnete die Begnadigung als Fehler und forderte in einem Radio-Interview, Al-Megrahi solle in Libyen unter Hausarrest gestellt werden. Obamas Sprecher Robert Gibbs bezeichnete den früheren Agenten als Massenmörder. Die USA hatten vergeblich versucht, Schottland von dessen Freilassung abzubringen.

Al-Megrahi wurde 1999 von Libyen an die Niederlande überstellt, wo der Lockerbie-Prozess nach schottischen Recht stattfand. Er wurde 2001 als einziger Verdächtiger für den Anschlag zu lebenslanger Haft verurteilt.