Washington will gemeinsames Signal zur Reduzierung von Atomwaffen. Doch der Kreml bleibt vorerst argwöhnisch.

Moskau. Zwei Präsidenten bereiten ihre erste persönliche Begegnung vor, die zum Wochenbeginn in Moskau stattfinden soll: Kreml-Chef Dmitri Medwedew besuchte demonstrativ die russische Atom-U-Boot-Schmiede "Sewmasch". Barack Obama, der Chef im Weißen Haus, gab im Vorfeld seines ersten offiziellen Besuchs in Russland mehrere Interviews.

Darin bekräftigte Obama, dass es ihm in den Beziehungen zu Moskau um einen Neuanfang gehe. Um dieses Wort hatte es jüngst ein kleines Übersetzungsproblem gegeben. Die Amerikaner hatten das von Obama benutzte Wort "Reset" nicht mit "peresagruska" (Neustart), sondern mit "peregruska" übersetzt, was so viel wie "Überlastung" bedeutet. Dieses Missverständnis wurde aus der Welt geschafft.

Jetzt, so Obama, gebe es die Möglichkeit für eine Zusammenarbeit in einem breiten Spektrum von Fragen. Er nannte die Wirtschaft und die Verteidigung, die Abwehr der Terrorbedrohung und das Iran-Problem. Das Wichtigste, was er der russischen Führung und dem russischen Volk mitteilen wolle, sei die Tatsache, dass Amerika Russland mit Achtung begegne und seine Beziehungen auf der Basis der Gleichheit gestalten wolle.

Dass dies ein schwieriges Unterfangen sein könnte, ahnt man in Washington. "Es gibt ein großes Problem in den amerikanisch-russischen Beziehungen", wird Michael McFaul, Russland-Berater Obamas, zitiert. Argwohn und Konkurrenzdenken seien im Kreml so mächtig, dass sie einen Neuanfang in den Beziehungen blockierten. "Die USA werden als Gegner betrachtet", sagt McFaul. Der Kreml glaube, "dass es unser oberstes Ziel sei, Russland zu schwächen und Russland einzukreisen".

Wohl auch deshalb verteilte Obama verbale Streicheleinheiten. Er sehe Russland in der heutigen Welt als großes Land mit außergewöhnlicher Kultur und Tradition, es bleibe eine der einflussreichsten Mächte der Welt. Das Land habe ein "kolossales Potenzial als Kraft zur Aufrechterhaltung der Stabilität und des Aufblühens der internationalen Gemeinschaft", sagte der US-Präsident, der beide Länder als Kernwaffenmächte in einer besonderen Verantwortung sieht. Wenn es beiden Politikern gelänge, "ein starkes Signal" zur Reduzierung ihrer Nuklearpotenziale zu geben, werde das der internationalen Gemeinschaft helfen, zu verstehen, "dass wir eine neue Ära beginnen, dass wir die Zeiten des Kalten Krieges hinter uns lassen".

Den russischen Präsidenten Medwedew, den er bereits getroffen hat, charakterisierte er als "außerordentlich ernsthaften und progressiven Menschen". Er gehe davon aus, dass Medwedew "Russland erfolgreich ins 21. Jahrhundert führen wird". Premierminister Wladimir Putin, mit dem Obama am Dienstag frühstücken wird, bescheinigte er, eine "sehr starke Führungspersönlichkeit" zu sein.

Medwedew hat sich ebenfalls für einen Neuanfang ausgesprochen, "ergänzte" das allerdings mit einem deutlichen Hinweis auf Russlands Nuklearmacht. Er besichtigte nur wenige Tage vor dem mit vielen Erwartungen verbundenen Moskau-Besuch des US-Präsidenten das Schiffbauunternehmen Sewmasch, den alleinigen Hersteller atomar getriebener U-Boote. "Willst du die Abrüstung - rüste auf", titelte dazu eine Moskauer Zeitung. Drei Unterwasserschiffe, das U-Boot "Sewerodwinsk" und die beiden strategischen Unterwasserkreuzer "Alexander Newski" und "Wladimir Monomach" sind bei Sewmasch gegenwärtig im Bau. Der Unterwasserkreuzer "Juri Dolgoruki" wurde gerade fertiggestellt und befindet sich in der Erprobungsphase. Medwedew besichtigte ihn von Bord eines Kutters aus. Die "Juri Dolgoruki" ist allerdings noch unbewaffnet, und niemand weiß, wann sich dieser Zustand ändern wird. Bei Tests hatte die für die neue Generation von Atom-U-Booten bestimmte Bulawa-Rakete eine Fehlerquote von 50 Prozent. Sie ist also nicht einsatzbereit.