Was sich in den heißen Juni-Tagen 1989 auf den Straßen Pekings abspielte: Eine Chronologie der wichtigsten Ereignisse und Hintergründe.

Hamburg/Peking. Das Massaker an friedlichen Demonstranten in den Straßen rund um den Tian’anmen-Platz in Peking in der Nacht auf den 4. Juni 1989 löste weltweit Empörung aus und ist bis heute in China tabu. Das waren die wichtigsten Ereignisse:

5. März 1989: Nach Unruhen wird über Tibet der Ausnahmezustand verhängt. Am 17. März jährt sich zum 30. Mal die Flucht des Dalai Lamas nach Indien.

15. April: Tod des ehemaligen KP-Generalsekretärs Hu Yaobang, der als Reformer galt und 1987 abgesetzt worden war. Ab dem 17. April beginnen Studenten, sich auf dem Tian’anmen-Platz in Peking zu versammeln. Einen Tag später fordern 500 Studenten Demokratie, Freiheit, Transparenz und Harmonie.

26. April: Die „Volkszeitung“ veröffentlicht einen Leitartikel, in dem die Studentenbewegung als „konterrevolutionärer Tumult“ verurteilt wurde. Einen Tag später demonstrieren 200 000 Studenten.

13. Mai: Immer mehr Studenten im unbefristeten Hungerstreik benötigen ärztliche Hilfe. „Seid nicht traurig, wenn wir uns vom Leben verabschieden“, heißt es in ihrem Schwur.

15.-18. Mai: Der sowjetische Parteichef Michail Gorbatschow besucht Peking. Es ist das erste sowjetisch-chinesische Gipfeltreffen seit 30 Jahren. Die Menge auf dem Tian’anmen-Platz schwillt trotz Verbots auf 800 000 Menschen an. Sie fordern die Übernahme der sowjetischen Öffnungspolitik (Perestroika) in China.

19./20. Mai: Der chinesische KP-Chef Zhao Ziyang entschuldigt sich bei den Studenten und bittet junge Leute auf dem Tian’anmen-Platz, ihren Hungerstreik abzubrechen. Fünf Stunden später wird das Kriegsrecht verhängt, Zhao Ziyang entmachtet. Ministerpräsident Li Peng und der Vorsitzende der Zentralen Militärkommission, Deng Xiaoping, lassen die Armee bis zum Tian’anmen-Platz vorrücken.

3. Juni: Li Peng und andere Mitglieder des Ständigen Ausschusses das Politbüros der KP beschließen, den Platz räumen zu lassen. Mehr als eine Million Menschen versammeln sich und versuchen, die Panzer aufzuhalten.

4. Juni: In den frühen Morgenstunden schießt die Armee mit Maschinengewehren auf die Menge. Die Truppen rücken mit Panzern über die Changan-Straße auf den Platz vor. Die Zahl der Toten wird auf mehrere hundert bis einige tausend Menschen geschätzt.

8. Juni: Der SED-Abgeordnete Ernst Timm bekundet der chinesischen Führung die Solidarität der DDR-Volkskammer und bezeichnet die protestierenden Studenten als „verfassungsfeindliche Elemente“.

13. Juni: Erste Haftbefehle gegen Studenten- und Gewerkschaftsführer. „Säuberungen“ in der Kommunistischen Partei.

15. Juni: Der Bundestag beschließt ein Waffenembargo gegen China und fordert die chinesische Führung auf, „die politischen Gefangenen freizulassen und zum politischen Dialog mit den gesellschaftlichen Kräften zurückzukehren“.

24. Juni: Jiang Zemin wird neuer Chef der Kommunistischen Partei Chinas.

26. Juni: Der Europäische Rat verurteilt die Repression in Peking und verhängt ein Waffenembargo gegen China, dessen Geltungsbereich der nationalen Auslegung überlassen wird.

10. Dezember: Der im Exil lebende Dalai Lama, das Oberhaupt der tibetischen Buddhisten, erhält den Friedensnobelpreis.

7. Juni 1990: Die erste frei gewählte Volkskammer der DDR bedauert offiziell die ein Jahr zuvor erklärte Unterstützung für das militärische Vorgehen der chinesischen Regierung und gedenkt der Opfer.

April 1991: Abschluss der Prozesse gegen Beteiligte an den Protesten von 1989. Mindestens 787 Menschen wurden verurteilt.