Die EU-Schutztruppe “Atalanta“ soll auf ihrer Jagd nach Piraten auch am Strand Einrichtungen somalischer Seeräuber zerstören dürfen.

Brüssel/Berlin. Die EU-Schutztruppe soll auf ihrer Jagd nach Piraten am Horn von Afrika künftig auch am Strand operieren dürfen. So soll die "Atalanta"-Mission auch Boote und Einrichtungen von somalischen Piraten am Strand zerstören dürfen. Am Donnerstag bestätigten EU-Diplomaten einen Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die somalische Übergangsregierung ist bereits vom Auswärtigen Dienst der EU kontaktiert worden und habe bereits Unterstützung signalisiert.

Die Pläne sehen vor, dass die Logistik der Piraten am Strand durch Beschuss vom Flugzeug oder Schiff zerstört werden sollen. Einsatz von Landtruppen werde aber nicht angestrebt. Ein solcher Strategiewechsel würde auch die deutsche Marine, die seit 2008 an der Mission beteiligt ist, betreffen. Allerdings müsste Deutschland sich nicht automatisch beteiligen.

Die Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin sagte zu den Plänen: "Wenn es zu einer Erweiterung der Missionsaufgaben kommt, ist selbstverständlich ein Mandat des Deutschen Bundestages erforderlich. Jede Neuausrichtung der Atalanta-Mission muss gründlich geprüft werden.“

Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin bestätigte auf Anfrage, dass sich das Politische und Sicherheitspolitische Komitee der EU vor Weihnachten, am 20. Dezember, mit der Zerstörung von Piraterielogistik am Strand befasst habe.

Die Ernüchterung der Piratenjäger vor Somalia

Wie Diplomaten in Brüssel berichteten, hat das Komitee den Kommandeur der EU-Operation beauftragt, den Operationsplan und die Einsatzregeln anzupassen. Die Mitgliedsstaaten müssen dem zustimmen. Ein offizieller Beschluss wird vorbereitet und könnte beim nächsten Treffen der EU-Außenminister im neuen Jahr fallen, hieß es in Brüssel.

Aus der Opposition in Berlin kommt Kritik. Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, nannte die Pläne im Interview mit der "Deutschen Welle“ "abenteuerlich“: "Die Risiken sind viel zu hoch, man bräuchte dazu auch Bodentruppen.“ Arnold forderte von der Bundesregierung, eine solche Ausweitung auf EU-Ebene zu verhindern.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, nannte die Überlegungen "blanken Wahnsinn“. Die Drahtzieher der Piratenangriffe säßen nicht am Strand, sondern irgendwo im Hinterland.

In der CDU/CSU-Bundestagsfraktion stoßen die Pläne dagegen auf vorsichtige Zustimmung. "Langfristigen Schutz vor Piraten bekommen wir nicht allein, indem wir deren Boote vertreiben“, sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und CDU-Außenexperte Andreas Schockenhoff "Spiegel Online“. Es müsse auch die Operationsfähigkeit der Piraten an der Küste zerstört werden.

Mit der Operation "Atalanta“, die im Dezember 2008 begonnen hat, will die EU die Piraterie am Horn von Afrika eindämmen. Der Flotteneinsatz soll im Seegebiet vor Somalia humanitäre Hilfslieferungen und zivile Handelsschiffe vor Piratenüberfällen schützen. „Atalanta“ ist der erste europäische Flotteneinsatz dieser Art.

Deutschland beteiligt sich derzeit mit einer Fregatte an der Mission. Nach dem Mandat das Bundestags kann die deutsche Marine bis zu 1400 Soldaten entsenden. Ihre Aufgabe ist es laut Mandat, Piratenschiffe zu kontrollieren und notfalls mit militärischer Gewalt zu stoppen, Piraten in Gewahrsam zu nehmen und Überfälle zu verhindern. Eine Verfolgung an Land ist nicht vorgesehen. (abendblatt.de/dpa)