Der türkische Premier Erdogan riet Frankreichs Präsident Sarkozy, seinen Vater über das “Massaker der Franzosen“ in Algerien zu befragen.

Istanbul. Der Streit zwischen der Türkei und Frankreich aufgrund des französischen Völkermord-Gesetzes eskaliert. Der türkische Premier hat Frankreich am Freitag vorgeworfen, während der Kolonialherrschaft in Algerien Völkermord begangenen zu haben. 15 Prozent der Bevölkerung seien „gnadenlos massakriert“ worden, erklärte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. "Das ist Völkermord", so Erdogan. Der türkische Premier sucht zudem den Schulterschluss mit Staaten der islamischen Welt und wirft Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy vor, er treibe ein "gefährliches Spiel". Zudem wurde der türkische Botschafter Tahsin Burcuoglu auf unbestimmte Zeit aus Paris abgezogen. Kritische Stimmen gegen das Gesetz kommen auch aus Frankreich.

Bei einem Treffen der Organisation der Islamischen Zusammenarbeit (OIC) in Istanbul sagte Erdogan zudem: Das von der Pariser Nationalversammlung am Donnerstag bechlossene Gesetz, mit dem auch die Leugnung des Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich zur Zeit des Ersten Weltkrieges unter Strafe gestellt werden soll, sei ein Beispiel für Rassismus und Diskriminierung von Muslimen in Frankreich und Europa. Erdogan griff den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy persönlich an. Sarkozy heize Rassismus an, um Wahlen zu gewinnen. „Er schreckt vor diesem gefährlichen Spiel nicht zurück“, sagte Erdogan. Frankreich solle sich mit den Massakern im Algerien-Krieg befassen. Erdogan riet Sarkozy, dazu seinen Vater Pal Sarkozy zu befragen, der als Fremdenlegionär im Algerien im Einsatz gewesen sei. „Ich bin sicher, er könnte seinem Sohn eine Menge über die Massaker der Franzosen in Algerien erzählen“, so Erdogan.

Botschafter Burcuoglu traf am Freitag im Außenministerium in Ankara zu Beratungen ein. Die türkische Regierung hatte ihn als Reaktion auf die Zustimmung der französischen Nationalversammlung zu dem Gesetz zurückberufen. Außerdem hat Ankara militärische und wirtschaftliche Beziehungen zu Frankreich eingeschränkt. Auch der frühere Präsident des Pariser Verfassungsrates, Robert Badinter, hat das Völkermord-Gesetz scharf kritisiert. „Ich bezweifele sehr stark, dass dieses Gesetz rechtmäßig ist“, sagte der Sozialist Badinter im französischen Rundfunk.

In Zukunft ist es in Frankreich strafbar, einen gesetzlich anerkannten Völkermord zu bestreiten. Auch der türkische Genozid an den Armenier im Jahr 1915 gehört dazu. Wer diesen leugnet, muss mit einem Jahr Gefängnis oder bis zu 45.000 Euro Strafe rechnen. Im Osmanischen Reich kamen nach unterschiedlichen Schätzungen während des Ersten Weltkriegs zwischen 200.000 und 1,5 Millionen Armenier ums Leben. Die Gräueltaten an den Armeniern wurden von mehr als einem Dutzend Staaten als Völkermord gewertet. Dazu gehören Frankreich und die Schweiz. Die Türkei als Nachfolger des Osmanischen Reiches streitet einen Völkermord ab.

Mit Material von dpa/dapd