Merkel und Sarkozy stellen Griechenland Bedingungen. Ministerpräsident Papandreou soll die Volksabstimmung über Hilfspaket und soziale Einschnitte Anfang Dezember abhalten

Cannes/Berlin. Beim Krisentreffen vor dem eigentlichen G20-Gipfel im südfranzösischen Cannes hat sich der Ton gegenüber Griechenland und dessen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou noch einmal deutlich verschärft. Deutschland und Frankreich knüpften die Auszahlung neuer Milliardenhilfen an Griechenland an strenge Bedingungen.

Die Griechen müssten die Beschlüsse des 27. Oktober erfüllen, und das geplante Referendum müsse positiv für den Euro ausgehen, sagte Merkel gestern Abend in Cannes nach dem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy und dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou.

Die Ankündigung des griechischen Referendums habe die "psychologische Situation massiv verändert". Die Gespräche seien mit einer "ungewöhnlichen Ernsthaftigkeit" geführt worden.

Sarkozy appellierte an Griechenland, einen politischen Konsens zu erzielen. Es sei legitim, das Volk zu befragen, aber das Referendum müsse so schnell wie möglich kommen, möglich sei der 4. oder 5. Dezember. Auch die Frage müsse klar ausgestaltet sein: "Will Griechenland in der Euro-Zone bleiben oder nicht?", betonte Sarkozy.

Schon vor Beginn des Treffens hatte Merkel deutlich gemacht, dass sie von den Volksabstimmungs-Plänen Papandreous völlig überrascht worden sei. Sie hätte es vorgezogen, wenn sie vorher informiert worden wäre oder das Vorhaben auf dem EU-Gipfel vor einer Woche mitgeteilt worden wäre, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso warnte Griechenland nochmals eindringlich vor einem Nein zum Rettungspaket beim Referendum. Ohne eine Zustimmung "würden die Bedingungen für die griechische Bevölkerung, insbesondere die verwundbarsten darunter, deutlich schmerzhafter", sagte Barroso in Cannes. Das gesamte Ausmaß der Konsequenzen sei noch gar nicht abzusehen.

Der Gipfel der G20-Staaten in Cannes beginnt erst heute, aber das Geschehen in Griechenland hatte das Treffen der Euro-Länder im Vorfeld nötig gemacht. Die G20-Staaten wollen zwei Tage über Reformen des Finanzmarktsektors beraten.

Erst in der Nacht zum Mittwoch hatte sich Papandreou die Rückendeckung seines Kabinetts für die Volksabstimmung geholt. Der griechische Regierungschef zeigte sich sicher, die für Freitag geplante Vertrauensabstimmung im Parlament zu gewinnen, um den Weg für den Volksentscheid über das Sparpaket frei zu machen. "Das Referendum wird ein klares Mandat erteilen und eine klare Botschaft zugunsten unseres europäischen und Pro-Euro-Kurses senden", erklärte er.

Der Ausgang der Vertrauensabstimmung ist allerdings offen. Papandreous sozialistische Partei Pasok verfügt im Parlament nur noch über 152 der insgesamt 300 Mandate. Auch in der Regierung ist sein Kurs nicht unumstritten. Umfragen legen nahe, dass die meisten Griechen das Sparpaket ablehnen. Deshalb wird viel davon abhängen, wie Papandreou die Debatte über das Referendum gestaltet. Noch offen ist die genaue Formulierung der Frage, die die Griechen beantworten sollen.

Die deutschen Banken halten es für unwahrscheinlich, dass ein Schuldenschnitt vor der Volksabstimmung umgesetzt werden könnte. "Wir sollten keine vollendeten Tatsachen schaffen, bevor das Referendum durch ist", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken, Michael Kemmer. Weltweit beruhigten sich die Finanzmärkte gestern wieder.