Zu langsam und zu mutlos werde in der Euro-Krise agiert. Berlin weist Vorwürfe von Barack Obama und Timothy Geithner scharf zurück.

Washington/Berlin. Mit ungewöhnlich deutlichen Worten hat US-Präsident Barack Obama den Staats- und Regierungschefs in der Euro-Zone zu langsames Handeln in der Schuldenkrise vorgeworfen. "Sie haben sich nie wirklich von der Krise 2007 erholt und haben nie umfassend auf die Herausforderungen reagiert, denen ihr Bankensystem ausgesetzt war", sagte Obama am Montag bei einer Veranstaltung im kalifornischen Mountain View. Zusammen mit der Situation in Griechenland habe dies eine Finanzkrise ausgelöst, die "der Welt Angst einjagt". Die nun ergriffenen Schritte zur Bekämpfung der Schuldenkrise in der Euro-Zone seien nicht so schnell erfolgt, wie es nötig gewesen wäre.

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In den USA wachsen die Sorgen, dass die europäische Schuldenkrise die stagnierende US-Wirtschaft wieder in eine Rezession zurückwirft. Die Erholung in den USA leidet Obama zufolge unter deutlichen Rückschlägen in diesem Jahr. Dazu gehören etwa die steigenden Energiepreise als Folge der Reformbewegung in der arabischen Welt und die Sorgen über die finanzielle Stabilität der europäischen Länder.

Die Kritik Obamas folgt einem IWF-Treffen in Washington, bei dem die USA und China den Druck auf Europa erhöht hatten, die Schuldenkrise wieder in den Griff zu bekommen. Falls nicht zügig eine Lösung gefunden werde, drohe eine Rezession, die die Weltwirtschaft in den Ruin treibe.

In ungewöhnlich scharfen Worten hatte bereits US-Finanzminister Timothy Geithner bei der Herbsttagung des internationalen Währungsfonds mit Blick auf Europa gefordert: "Die Gefahr reihenweiser Pleiten, Abzug von Geldern bei Banken und katastrophaler Risiken muss gebannt werden."

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Meister (CDU), hat die Kritik aus Übersee scharf zurückgewiesen. "Der US-Präsident versucht mit seinem Vorwurf an die Europäische Union, von den eigenen Fehlen der US-Regierung in den letzten Jahren und von den eigenen aktuellen haushaltspolitischen Problemen abzulenken", sagte Meister in Berlin. Der US-Präsident dürfe nicht übersehen, dass es auch Fehlentscheidungen der US-Regierung bei der Immobilienblase sowie der Lehman-Pleite gewesen seien, die 2007 die Welt in eine Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise gestützt haben. Eine zweite Ursache habe in der Politik von Ex-US-Notenbankchef Alan Greenspan bei der Bereitstellung übermäßiger Liquidität gelegen.

Tatsächlich muss Obama auch in seinem eigenen Land mit einem gewaltigen Schuldenberg kämpfen. Vor dem Wahljahr 2012 versucht der US-Präsident durch eine Steuerreform und Ausgabenprogramme der hohen Arbeitslosigkeit und dem großen Defizit zu begegnen und zugleich der Wirtschaft Impulse zu geben. Ein erneuter Finanzkollaps der Regierung konnte fürs Erste abgewendet werden. Der Senat machte den Weg frei für einen Übergangsetat bis Mitte November. Damit wird verhindert, dass der Regierung zum 1. Oktober das Geld ausgeht und Bundesbehörden schließen müssen. Es ist bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass in den USA eine Lahmlegung der Regierung drohte. Viele Ämter, Nationalparks und andere staatliche Einrichtungen hätten schließen, Bundesangestellte in Zwangsurlaub gehen müssen. Im Frühjahr und Sommer konnte das erst nach erbitterter Konfrontation zwischen Demokraten und Republikanern abgewendet werden.

Allerdings stehen weitere Finanzstreits bereits an. So muss das Parlament bis Ende des Jahres sich zur Frage äußern, wie die USA ihre enorme Schuldenlast von über 14 Billionen Dollar (rund zehn Billionen Euro) langfristig abbauen wollen.