Brüssel. Auch drei Tage nach Beginn des Sturms auf Libyens Hauptstadt blieb die Situation in Tripolis unübersichtlich. Genauso ungewiss ist, wie das künftige Engagement der internationalen Gemeinschaft aussehen wird. Nur eines ist klar: Die Länder, die vor Beginn des Aufstands gegen Gaddafis Regime Geschäfte in Libyen gemacht haben, wollen diese so schnell wie möglich wieder aufnehmen.

Es ist vor allem Frankreich, das auch in der Nach-Gaddafi-Ära die Führungsrolle übernehmen will. Die Regierung von Präsident Nicolas Sarkozy erkannte als Erste den Übergangsrat an und schickte das Militär an vorderste Front. Sarkozy hatte 2007 mit Gaddafi Verträge in mehrfacher Milliardenhöhe vereinbart. Wie auch für andere europäische Länder geht es aber vor allem um den Ölreichtum Libyens.

Bis zu Beginn der Krise gingen 85 Prozent der Ölexporte nach Europa. Nach dem italienischen Energiekonzern Eni ist die BASF-Tochter Wintershall der größte Investor in diesem Sektor - und bekundete bereits, das Engagement so rasch wie möglich wieder aufnehmen zu wollen.

Deutschland will der libyschen Übergangsregierung zunächst finanziell unter die Arme greifen und einen Teil des libyschen Vermögens in Höhe von über sieben Milliarden Euro auftauen, das auf deutschen Konten während des Bürgerkriegs eingefroren wurde. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) will innerhalb der nächsten Tage 100 Millionen Euro dem Übergangsrat der Rebellen als Darlehen zur Verfügung stellen. "Das Land darf jetzt nicht in der Zeit nach Gaddafi in Chaos versinken, sondern muss zurückfinden zu geordneten Verhältnissen", sagte Westerwelle.

Der FDP-Politiker sprach sich zugleich für eine neue Libyen-Resolution des Uno-Sicherheitsrats aus, damit die Milliarden dem libyschen Volk zugutekommen können. Die Vereinten Nationen müssten beim nun fälligen Wiederaufbau des Landes die "Schlüsselrolle" spielen. Dieser Ansatz scheint allgemeiner Konsens zu sein. Doch es kann Monate dauern, bis eine Blauhelm-Truppe zur Stabilisierung nach Libyen geschickt wird - wenn überhaupt. Allerdings will sich die Nato weder finanziell noch politisch weiter verpflichten. Neben der Uno erwartet man in Brüssel auch ein verstärktes Engagement von Afrikanischer Union und Arabischer Liga. Auch die EU bringt sich verstärkt ein, durch humanitäre Hilfe in Höhe von 150 Millionen Euro. Möglichst schnell soll eine ständige Vertretung in Tripolis eingerichtet werden; dann sollen Wirtschaftsprogramme kommen, die an den Aufbau einer funktionierenden Demokratie gekoppelt werden.