159 Milliarden Euro kostet das neue Hilfspaket für Athen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den EU-Beschlüssen

Brüssel. Nach wochenlangem Ringen haben sich die Euro-Länder auf ein zweites Hilfspaket für Griechenland geeinigt. Das Paket hat ein Gesamtvolumen von 159 Milliarden Euro - 109 Milliarden Euro kommen von den Euro-Ländern, 50 Milliarden sollen die privaten Gläubiger beisteuern. Das Abendblatt klärt die wichtigsten Fragen.

Wer sind die Gewinner und Verlierer der Beschlüsse des Krisengipfels?

Es gibt keine eindeutigen Gewinner und Verlierer. Die größten Verlierer sind aber doch Deutschland, Finnland, die Niederlande und die Europäische Zentralbank (EZB). Denn abgesehen davon, dass durch die Einbeziehung des Privatsektors das ganze Maßnahmenpaket teurer und risikoreicher geworden ist, musste Berlin dafür einen sehr hohen Preis bezahlen. Erstens: Die Aufgaben des aktuellen EU-Rettungsfonds (EFSF) wurden dahin gehend erweitert, dass der Fonds künftig auch Anleihen von Krisenländern aufkaufen kann. Außerdem soll sich der Fonds für neue Anleihen verbürgen, mit denen Griechenland ein langer Zahlungsaufschub gewährt wird. Dabei hatte sich die Bundesregierung immer vehement gegen die Vergemeinschaftung von Risiken gewehrt. Zweitens: Die Laufzeiten der Notkredite wurden auf bis zu 30 Jahre erhöht und die Strafzinsen für Hilfskredite nahezu abgeschafft. Drittens: Für Merkel waren Rettungshilfen für Krisenländer immer nur eine Ultima Ratio. Auch diesen Grundsatz musste sie jetzt unter Druck beerdigen: Künftig werden Ländern, die als gefährdet eingestuft werden, schon präventiv Kreditlinien eingeräumt.

Ist die Ansteckungsgefahr für die Euro-Zone gebannt?

Es gibt weiterhin erhebliche Risiken. Niemand weiß derzeit, wie sich ein vorübergehender Zahlungsausfall Griechenlands infolge des geplanten Anleihentauschs von Banken und Versicherungen auf die Märkte auswirken wird. Völlig unklar ist auch, ob Athen die zugesagten Sparmaßnahmen umsetzen kann. Zudem bleibt offen, ob das Land mit längeren Kreditlaufzeiten und einer Schuldenreduktion um 26 Milliarden Euro ausreichend entlastet wurde.

Reicht die Bankenbeteiligung, um Athen zu entlasten?

Die Beteiligung privater Gläubigerbanken in Höhe von 50 Milliarden Euro löst die Probleme Griechenlands nicht, sie erschwert aus Sicht der griechischen Regierung und der EZB unter dem Strich sogar eine Lösung. Die Beteiligung der Geldhäuser hatte vor allem politisch kosmetische Gründe: Sie sorgt dafür, dass die Steuerzahler die Rettungskosten nicht allein tragen müssen.

Wird die Euro-Zone jetzt zu einer Transferunion?

Die EU garantiert zwar noch nicht die gesamte Staatsschuld Griechenlands und anderer Not leidender Partner, allerdings ist es bis zu diesem Punkt auch nicht mehr weit. Der aktuelle Rettungsfonds EFSF darf jetzt mit europäischen Hilfsgeldern die Anleihen Griechenlands am Kapitalmarkt aufkaufen. Damit wird die Transferunion, die es durch zahlreiche Strukturfonds und Hilfspakete in gewisser Weise ohnehin schon gab, nun auf die nächste Ebene gehoben. Europa hat dadurch eine Art Währungsfonds, in dem die Geberländer im Notfall für Problemfälle einspringen. Den Deutschen hatte man immer versprochen, dass das niemals der Fall sein würde. Vermutlich war das von Anfang an blauäugig.

Ist die Euro-Krise damit beendet, oder geht sie weiter?

Mit Gewissheit ist diese Frage noch nicht zu beantworten. Aus heutiger Sicht lässt sich sagen, dass die Europäer ein Paket beschlossen haben, das im Umfang der Maßnahmen vor Kurzem noch unmöglich schien. Es bedient verschiedenste Interessen. Möglicherweise aber ist genau das ein Problem. Griechenland wird weiterhin nicht von seiner nicht mehr tragbaren Schuldenlast befreit. Man sollte davon ausgehen, dass die Europäer daher in einigen Monaten sich wieder mit der Frage beschäftigen werden, wie es mit dem Land weitergehen soll.