Das neue Finanzpaket zur Stützung Griechenlands zeigt, dass die Europäische Union handlungsfähig ist und pragmatisch handelt.

Das neue Finanzpaket zur Stützung Griechenlands zeigt, dass die Europäische Union handlungsfähig ist und pragmatisch handelt. Die Einigung der EU-Staats- und Regierungschefs vom Donnerstag weist in die richtige Richtung: mehr wirtschafts- und finanzpolitische Integration, zunächst jedenfalls in der Euro-Zone, die 17 der derzeit 27 EU-Mitgliedstaaten umfasst. Die neue Stützungsaktion kann die Lage an den Finanzmärkten beruhigen und die Zweifel an Sinn, Stabilität und Stärke der europäischen Gemeinschaftswährung eindämmen. Die griechische Regierung wiederum legt mittlerweile glaubwürdig dar, dass das Land einen wirtschaftlichen und finanziellen Neustart mithilfe der EU tatsächlich will und dass eine Sanierung gelingen kann.

Die Schuldenkrise der europäischen Südländer allerdings zeigt auch, dass die Fundamente der Euro-Zone dringend überarbeitet werden müssen. Die Maastricht-Kriterien für die finanzielle Solidität der Euro-Mitgliedstaaten scheinen längst vergessen. Auch das Prinzip, dass die Euro-Staaten nicht gegenseitig für ihre Schulden einstehen, ist mit dem Aufbau und der Ausweitung des europäischen Rettungsfonds gebrochen. Die Praxis hat Theorie und Verträge überholt.

Realität ist allerdings auch, dass die EU bislang kaum eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik betreibt. Die wahren Chancen eines gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraums mit 500 Millionen Bürgern werden längst nicht genutzt. Weder funktioniert bislang der europäische Arbeitsmarkt, noch gibt es fundierte Diskussionen darüber, wie die schwachen Regionen in der EU dauerhaft gestärkt werden können, und das betrifft nicht nur den Süden.

Europa muss seine Interessen gemeinsam entwickeln und vertreten. Nur so können die europäischen Staaten ihr politisches und wirtschaftliches Gewicht bewahren und ausbauen. Dazu jedoch müssten die Europäer ihre gemeinsamen Interessen wohl erst einmal neu definieren. Europa gehört deshalb in den Mittelpunkt fast aller politischer Debatten, die heute in der EU geführt werden. Europa gehört in jede Schule und in jede andere Bildungsstätte der Gemeinschaft.

Der wirtschaftliche und finanzielle Transfer von stärkeren in schwächere EU-Staaten wird voraussichtlich zunehmen. Gewiss widerspricht das den bisherigen Vorstellungen von europäischer Entwicklung. Hilfe zur Selbsthilfe in Europa aber wird sich für alle auszahlen. Auch für diejenigen, die heute geben.