Merkels Angebot, Patrouillenboote für die Grenzsicherung zu liefern, stößt auf harsche Kritik. Die Kanzlerin traf am Mittwoch in Nigeria ein.

Luanda/Berlin. Am späten Mittwochabend traf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Nigeria ein, der letzten Station ihrer dreitägigen Afrika-Reise. In der Hauptstadt Abuja wird Nigerias Staatspräsident Goodluck Jonathan Merkel an diesem Donnerstagvormittag mit militärischen Ehren empfangen. Anschließend eröffnet sie ein deutsch-nigerianisches Wirtschaftsforum.

Obwohl Nigeria über reiche Ölvorkommen verfügt und der wichtigste Erdölproduzent Afrikas ist, lebt jeder zweite Nigerianer unterhalb der Armutsgrenze. Bevölkerung und Natur leiden unter den von der Petroleumwirtschaft verursachten massiven Umweltschäden. Die Lebenserwartung der Menschen beträgt 48 Jahre.

Wie auf ihren ersten beiden Stationen in Kenia und Angola will Merkel Missstände wie Korruption mangelnde Rechtssicherheit für Investoren und Meinungsfreiheit ansprechen. Der Schwerpunkt ist aber der Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen.

Erster Programmpunkt ist aber ein Treffen mit Vertretern der Religionsgemeinschaften. Je zur Hälfte besteht die Bevölkerung Nigerias aus Muslimen und Christen. Das mit fast 160 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichste Land Afrikas bezeichnet sich selbst auch als das größte gemischt christlich-muslimische Land der Welt.

Politik und Kultur sind geprägt von Spannungen zwischen dem überwiegend muslimisch geprägten Norden und dem christlichen Süden. Nigeria ist außerdem ein Vielvölkerstaat mit 400 ethnischen Gruppen.

Unterdessen sorgt nach dem hoch umstrittenen Panzerdeal mit Saudi-Arabien nun ein weiteres deutsches Rüstungsgeschäft für helle Aufregung in Berlin. Die von Merkel auf ihrer Afrikareise angedeuteten Hilfen für die angolanische Marine sind nach Ansicht der Opposition inakzeptabel. SPD, Grüne und Linke erklärten am Mittwoch, Rüstungsexporte in das afrikanische Land seien unverantwortlich.

Merkel hatte zuvor in der angolanischen Hauptstadt Luanda angekündigt: „Wir würden Ihnen auch gern helfen bei Ihren Verteidigungsanstrengungen, zum Beispiel bei der Ertüchtigung der Marine.“ Konkret geht es um sechs bis acht bewaffnete Patrouillenboote für die Grenzsicherung.

Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Donnerstagausgabe), dieses Angebot von Merkel widerspreche den deutschen Rüstungsexportrichtlinien. Er verwies auf die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, wonach die Menschenrechtslage in Angola schlecht sei. Zudem sei der dortige Präsidentenclan offenbar sehr korruptionsanfällig. „Im Kontext der Debatte über Panzerlieferungen an Saudi-Arabien ist diese Äußerung vollkommen unverständlich.“ Mützenich sagte: „In der jetzigen Situation brauchen viele afrikanische Staaten mit Sicherheit keine deutschen Rüstungsgüter und auch sonst keine Rüstungsgüter.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion, Volker Beck, sagte der Zeitung: „Angesichts der sonstigen Geheimniskrämerei um Rüstungsgenehmigungen finde ich diese Kommunikationsoffensive sowohl der Form als auch dem Inhalt nach erstaunlich.“

Auch die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth rügte: „Völlig unbeeindruckt von der breiten und scharfen Kritik am geplanten Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien reist Merkel als Patronin der deutschen Rüstungslobby durch Afrika. Die Kanzlerin will nach dem Panzerdeal offenbar erneut eiskalt die bindenden Regelungen zum Rüstungsexport verletzen.“ Angola brauche Hilfe, aber sicher keine Patrouillenschiffe zur Grenzsicherung. Roth kritisierte: „Merkel will den deutschen Wohlstand und Export auf dem Rücken der Ärmsten sichern.“ Dies sei unverantwortlich.

Auch die Linke lehnt Waffenlieferungen an Angola strikt ab. „Angola befindet sich keineswegs in einem stabilen Zustand. Schon deshalb verbietet es sich, an dieses Land Waffen zu verkaufen“, sagte Fraktionschef Gregor Gysi und fügte hinzu: „Natürlich sollten wir Angola wirtschaftlich helfen. Aber Waffenlieferungen sind da völlig fehl am Platz. Angela Merkel muss endlich aufhören, immer wieder auf Wunsch der Waffenlobbyisten Rüstungsgeschäfte zu betreiben.“ #

(dapd/dpa)