Der britische Premierminister Cameron begrüßt den NewsCorp-Rückzug. Skandale drücken Aktienpreise der Unternehmen.

London. Eigentlich war die Übernahme fest eingeplant, doch der Abhör- und Bestechungsskandal bei der «News of the World» hat den Medienunternehmer Rupert Murdoch die geplante Einvernahme des britischen Fernsehsenders British Sky Broadcasting (BSkyB) gekostet. Murdochs Konzern News Corp. zog sein Angebot zur Übernahme von BSkyB am Mittwoch zurück. Es sei schwierig, «in diesem Klima weiter zu machen», hieß es zur Begründung. News Corp. kam damit einer von der Opposition initiierten Aufforderung zum Verzicht auf das Angebot zuvor.

Der britische Premierminister David Cameron begrüßte die Entscheidung des Medienkonzerns. Murdochs Unternehmen sollten sich darauf konzentrieren, den entstandenen Schlamassel zu beseitigen und ihr Haus in Ordnung zu bringen, teilte Camerons Büro mit. Auch die Partei des Regierungschefs wollte die geplante Abstimmung im Unterhaus gegen die BSkyB-Übernahme unterstützen.

Das News Corp.-Angebot zur Übernahme der vollen Kontrolle über BSkyB sei nicht im Interesse Großbritanniens, hieß es in dem Antrag. Murdoch hatte seit Monaten darauf gewartet, die noch nicht in seinem Besitz befindlichen 61 Prozent der BSkyB-Aktien aufkaufen zu dürfen. Die Aktien des Fernsehsenders gaben am Mittwoch zeitweise um 2,3 Prozent nach.

Cameron forderte im Parlament mehr Transparenz von den Medien. Zudem erklärte er, falls sein ehemaliger Chef-Kommunikator Andy Coulson, der von 2003 bis 2007 Chefredakteur der inzwischen eingestellten «News of the World» war, im Zusammenhang mit dem Abhörskandal gelogen habe, sollte er vor Gericht gestellt werden. Coulson wurde vergangene Woche festgenommen und gegen Kaution freigelassen.

Dem «Wall Street Journal» zufolge, das ebenfalls zu News Corp. gehört, hat Murdoch bei Beratungen in den vergangenen Wochen auch den Verkauf sämtlicher britischer Zeitungen erwogen. Angesichts der schlechten wirtschaftlichen Lage der Blätter würde sich aber wohl kein Käufer finden, hieß es unter Berufung auf nicht genannte Quellen.

Auch in den USA gerät Murdochs Unternehmen immer weiter unter Druck. In Washington forderte Senator Jay Rockefeller eine Untersuchung darüber, ob die britischen Zeitungen auch gegen US-Recht verstoßen haben. Die britische Zeitung «The Daily Mirror» hatte in einem am Montag veröffentlichten Bericht angedeutet, dass auch Opfer des Terroranschlags vom 11. September 2001 Ziel illegaler Praktiken zur Erlangung von Informationen gewesen sein könnten.

Offenbar um möglichen Verdächtigungen zuvor zu kommen, kündigte die australische Mediengruppe Murdochs die Überprüfung aller Ausgaben der vergangenen drei Jahre an. So solle sichergestellt werden, dass alle Zahlungen nur für rechtlich einwandfreie Dienste getätigt worden seien, sagte John Hartigan, Geschäftsführer von News Limited.

Der mit der Aufklärung des Skandals beauftragte Richter Brian Leveson kündigte an, die Praktiken und ethischen Maßstäbe der britischen Presse sowie ihr Verhältnis zur Polizei und das Versagen der Selbstregulierung unter die Lupe zu nehmen. Anschließend soll untersucht werden, was bei der «News of the World», die den Ausgangpunkt der Affäre bildete, falsch lief.

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Murdoch erwägt den Verkauf seiner britischen Zeitungen

Medienmogul Rupert Murdoch erwägt einem Medienbericht zufolge einen Verkauf seiner britischen Zeitungen, um weiteren Schaden aus dem Abhörskandal von seinem Imperium abzuwenden. Nach Informationen des „Wall Street Journal“ kursieren derzeit Verkaufsüberlegungen in der Zentrale von Murdochs News Corp. Das Wirtschaftsblatt berichtete unter Berufung auf eingeweihte Personen, dass das Management bereits vorgefühlt habe, ob es Interessenten gebe.

Das „Wall Street Journal“, das selbst zum Murdoch-Imperium gehört, schränkte allerdings gleich wieder ein, dass die Suche erfolglos verlaufen sei. Die wirtschaftliche Lage in der Zeitungsbranche sei einfach zu schlecht, als dass jemand habe zugreifen wollen. In sechs Monaten könnte die Idee aber erneut auf den Tisch kommen. Zur News Corp. gehören in Großbritannien das auflagenstarke Boulevardblatt „Sun“ sowie „The Times“ und „The Sunday Times“.

Bis vor kurzem war auch noch das Revolverblatt „News of the World“ ein Teil des Murdoch-Imperiums, doch der Altmeister machte die Sonntagszeitung kurzerhand dicht, als immer neue Details über Handy-Abhöraktionen von Reportern herauskamen. Damit wollte Murdoch den Skandal eindämmen und die Politik gnädig stimmen. Die Wettbewerbshüter müssen darüber entscheiden, ob sie Murdoch die Komplettübernahme des Fernsehkonzerns BSkyB erlauben. Auf der Insel herrscht die Sorge, dass der 80-Jährige einen zu starken Einfluss auf die öffentliche Meinung erhält.

Mit dem Verkauf seiner britischen Zeitungen könnte Murdoch diese Sorgen zu zerstreuen versuchen. Allerdings schlägt sein Herz für das gedruckte Wort. Murdoch hat mit seinen Zeitungen in Australien und Großbritannien den Grundstein für sein 40 Milliarden Dollar wertvolles Imperium gelegt, zu dem heute unter anderem das Filmstudio

20th Century Fox, die US-Fernsehsenderkette Fox sowie Buchverlage gehören. Hierzulande kontrolliert Murdoch den in einer Dauerkrise steckenden Bezahlsender Sky Deutschland. (dpa)