Der Australier hat viel Macht im Königreich, doch die guten Zeiten für Rupert Murdoch sind jetzt vorbei. Er wird BSkyB nicht übernehmen.

New York. Man muss Rupert Murdoch nicht mögen. Es gibt viele, die den australischstämmigen Medienmogul sogar regelrecht verachten. Seine erzkonservative Meinungsmache ist gefürchtet im gemäßigten politischen Lager. Mit seinen Fox-Fernsehsendern hat er in den Vereinigten Staaten Stimmung für den Irak-Krieg gemacht, sein britisches Boulevard-Flaggschiff "Sun" ruft regelmäßig den Fußball-Krieg gegen den "alten Feind" Deutschland aus.

Und doch müssen selbst seine Kritiker anerkennen, dass Murdoch aus einem kleinen Familienverlag eines der größten Medienimperien der Welt geformt hat - und bis heute die Fäden zieht. Auch mit 80 Jahren gehört Murdoch immer noch zu den Vordenkern der Branche, die sich seit dem Aufkommen des Internets so schnell wandelt wie nie zuvor. Er war der Erste, der eine eigene iPad-Zeitung herausbrachte mit "The Daily". Ausgerechnet eine seiner alten Print-Zeitungen hat nun sein Imperium in eine schwere Krise gestürzt.

Täglich werden neue Details bekannt, wie Reporter des inzwischen eingestampften britischen Sonntagsblatts "News of the World" die Handys von Verbrechensopfern, Prominenten und sogar Politikern abgehört haben.

Erstmals hat nun sogar ein hoher US-Politiker eine Untersuchung gefordert. Nach Bekanntwerden der Abhörmethoden bei der Murdoch-Zeitung "News of the World" müsse ernsthaft gefragt werden, ob damit auch amerikanische Gesetze verletzt worden seien, sagte US-Senator und Vorsitzender des Handelsausschusses John Rockefeller am Dienstag. "Ich bin besorgt, dass sich die Abhöraktionen bei News Corp auch auf Opfer des 11. September oder andere Amerikaner erstreckt haben", erläuterte er. Für den Fall drohte er mit "ernsten Konsequenzen".

Die Affäre hat längst die Investoren aufgeschreckt. Sie fürchten, dass die News Corp wirtschaftlichen Schaden nimmt. Seit der vergangenen Woche hatte der US-Konzern rund sieben Milliarden Dollar an Börsenwert verloren. Nicht mal ein Aktienrückkauf, der eigentlich den Kurs treibt, konnte die Anleger letztlich beruhigen.

Nun hat Murdoch die Notbremse gezogen und die Komplettübernahme des britischen TV-Konzerns BSkyB gestoppt, eine der Perlen in seiner Firmensammlung. Angesichts des Widerstands aus der britischen Politik schien es zuletzt immer fraglicher, dass das Unterfangen gelingt.

In einer Parlamentsdebatte hatten Politiker Murdoch aufgefordert, die Offerte für BSkyB nach den unappetitlichen Enthüllungen fallen zu lassen. "Sie sollten aufhören über Fusionen nachzudenken" und stattdessen das Chaos im Konzern beseitigen, sagte Premierminister David Cameron. Anschließend wollten die Abgeordneten mit einer Abstimmung gegen die Expansionspläne des Medientycoons protestieren - bindende Wirkung hätte das Votum nicht gehabt. Allerdings hatte die Regierung Murdoch bereits zuvor Steine in den Weg gelegt und den Kauf des Fernsehsenders mit zehn Millionen Abonnenten um Monate verzögert, indem sie die Kartellbehörden einschaltete.

Es ist das bisher größte Opfer, dass Murdoch im Abhörskandal bringen musste. Doch immerhin steigt der Börsenkurs nach dem Befreiungsschlag wieder, am Mittwoch um mehr als ein Prozent. Murdoch und seine Familie profitieren am meisten davon: Sie sind die größte Aktionäre.

Nach Informationen des renommierten "Wall Street Journal" - ebenfalls ein Murdoch-Blatt - hatte der Medienzar sogar weitere drastische Schritte erwogen: Er habe geprüft, ob er seine verbliebenen britischen Zeitungen nicht einfach verkaufe, um weiteren Schaden von seinem Unternehmen abzuwenden. Allerdings, so zitiert das "Wall Street Journal" eingeweihte Personen, sei derzeit kein Käufer für die "Sun" und ihre seriösen Schwesterblätter "The Times" und "The Sunday Times" in Sicht.

Die Überlegungen zeigen, wie ernst die Lage ist. Murdoch liebt seine Zeitungen, auch wenn sie heutzutage bei Weitem nicht mehr so viel Geld abwerfen wie in der guten alten Zeit. Murdoch ist quasi mit Druckerschwärze an den Händen aufgewachsen. Von seinem Vater, einem australischen Verleger, erbte er 1953 zwei Tageszeitungen und einen Radiosender in Adelaide. Damals war er erst 22 Jahre alt und musste sich als "Kinder-Verleger" verspotten lassen.

Doch Murdoch zeigte es allen. Nach und nach übernahm er weitere Zeitungen in seiner Heimat und stieg zu einer nationalen Größe auf. 1968 gelang ihm der Sprung aufs internationale Parkett mit dem Kauf der traditionsreichen "News of the World", die Murdoch wegen des Abhörskandals nun kurzerhand dichtmachte.

In den 1970ern wagte Murdoch den Gang in die USA. Zuerst übernahm er wieder Zeitungen, später kaufte er das Filmstudio 20th Century Fox und stieg schließlich auch ins Fernsehgeschäft ein - das war der Punkt, an dem er auch seinen amerikanischen Pass beantragte.

Auch in Deutschland versuchte Rupert Murdoch Fuß zu fassen, wenngleich mit mäßigem Erfolg. Er und andere wollten 1991 mit der Boulevardzeitung "Super!" ein Konkurrenzprodukt zu Springers "Bild" in der ehemaligen DDR auf die Beine stellen. Das Blatt überlebte ein Jahr. Auch bei den Privatsendern Vox und TM3 aus München versuchte Murdoch sein Glück. Geblieben ist ihm der in der Dauerkrise steckende Bezahlsender Sky Deutschland (ehemals Premiere).

Gerade hat Murdoch aber andere Probleme, als diese Baustelle anzugehen.