Vor dem UN-Tribunal in den Haag rastete der ehemaliger Militärchef der bosnischen Serbien wiederholt aus, der Richter zog Konsequenzen. Zu schwach scheint Mladic nicht zu sein.

Den Haag. Zu schwach, einen Prozess zu überstehen? Mladic präsentierte sich vor dem Kriegsverbrechertribunal in Dan Haag ganz anders. Arrogant fiel er dem Richter ins Wort, wollte selbst Befehle erteilen. Der Richter zog die Konsequenzen und führte den Prozess nicht auf diesem Niveau weiter. Er brach ab.

Bei seiner zweiten Anhörung hat der mutmaßliche Kriegsverbrecher für einen Eklat gesorgt. Mladic brüllte mehrfach die Richter an, widersetzte sich ihren Anweisungen und weigerte sich, zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Richter Alphons Orie ließ ihn schließlich aus dem Saal bringen. Nach einer Unterbrechung nahm Orie die Anhörung wieder auf und plädierte für Mladic auf nicht schuldig.

Mladic störte die Anhörung von Anfang an. Er setzte eine Kappe auf und gestikulierte entgegen der Anweisung des Gerichts in Richtung der Zuschauer. Dann beklagte er, er sei ein alter Mann und sagte Orie, er wolle die Kappe tragen, weil ihm kalt sei. Als Orie fragte, ob Mladic bereit sei, die Anklage zu hören, erklärte dieser: „Sie können tun, was sie wollen“. Während Orie daraufhin die Anklagepunkte vortrug, rief Mladic „Nein, nein, nein! Lesen Sie mir das nicht vor, nicht ein weiteres Wort!“ Er zog sich die Kopfhörer herunter und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

Mladic erschien zu dem Termin, obwohl sein Anwalt angekündigt hatte, sein Mandant werde die Anhörung boykottieren. Er wolle auf diese Weise seiner Forderung nach freier Wahl seiner Verteidiger Nachdruck verleihen. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hatte in der vergangenen Woche mehr Zeit erbeten, um die Qualifikationen der von Mladic vorgeschlagenen Anwälte zu prüfen.

„Sie wollen meine Verteidigung bestimmen, was für ein Gericht sind Sie?“, rief Mladic, bevor er von Justizbeamten hinaus begleitet wurde. Nach einer kurzen Unterbrechung nahm Orie die Anhörung wieder auf und plädierte für Mladic auf nicht schuldig, wie es dem normalen Verfahren entspricht, wenn ein Angeklagter sich zu den erhobenen Vorwürfen nicht äußert. Einen Antrag seines Pflichtverteidigers auf Verschiebung der Anhörung hatten die Richter schon zuvor abgelehnt. Danach vertagte sich das Gericht. Ein neuer Termin wurde nicht genannt.

Der 69-Jährige muss sich unter anderem wegen Kriegsverbrechen und Völkermordes verantworten. Bei einer Verurteilung droht im lebenslange Haft.

Einer der beiden Anwälte, die sich Mladic für seine Verteidigung wünscht, Milos Saljic, erklärte, das Verhalten des ehemaligen Generals vor Gericht zeige, dass er nicht prozessfähig sei. Er glaube jedoch nicht, dass er Mladic verteidigen dürfe. „Ich bin kein echter Kandidat“, sagte er. „Ich spreche kein Englisch.“ Mladic wolle ihn als Verteidiger, „weil ich sein ganzes Leben sein Anwalt war“.

Auf einem Platz in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo verfolgten hunderte Menschen eine Liveübertragung aus dem Gericht. Sie jubelten und riefen „Das Monster ist weg“, als Mladic des Saals verwiesen wurde. Eine Überlebende des Massakers von Srebrenica, Fadila Efendic, sagte, Mladics Benehmen fühle sich an wie Salz in ihren Wunden. „Wir müssen leiden, um unsere Kinder trauern und sind gezwungen zuzuschauen, wie er einen Zirkus vor Gericht aufführt“, erklärte sie. Er müsse genauso behandelt werden wie seine tausenden unschuldigen Opfer.

In Den Haag zeigten sich Opfer des mutmaßlichen Kriegsverbrechers wenig überrascht von seinem Verhalten. „Er hat gezeigt, wer er ist und was er ist“, sagte Hatidia Mehmedovic, ebenfalls eine Srebrenica-Überlebende. „Er zeigt keine Reue und will keine Gerechtigkeit für seine Opfer.“ (dapd)