Kanzlerin Merkel erhält in Washington Freiheitsmedaille - und muss ihre Libyen-Politik erklären

Hamburg. Roter Teppich, festliche Garderobe, große Kulisse - für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist der heutige Abend einer der Höhepunkte in ihrer politischen Karriere. US-Präsident Barack Obama wird die CDU-Chefin, 56, im Rosengarten des Weißen Hauses mit der höchsten zivilen Auszeichnung würdigen, die er zu vergeben hat: der Freiheitsmedaille. Merkel wird für ihren in der DDR gelebten Traum von Freiheit geehrt und für ihren Erfolg als erste Ostdeutsche und erste Frau an der Spitze der Bundesrepublik. Vor ihr hat diese Auszeichnung nur ein Deutscher erhalten, 1999 Altkanzler Helmut Kohl (CDU). Ein Staatsbankett für eine deutsche Regierung hat es seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr gegeben.

Zugleich aber machte Obama schon vor Merkels Eintreffen klar, dass er sich über sie geärgert hat und nicht um den heißen Brei reden will. Es geht um Libyen. Deutschland, gerade erst nicht ständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat geworden, enthielt sich im Frühjahr bei der Abstimmung über die Nato-Operation gegen den Machthaber Muammar al-Gaddafi. Damit ging die Bundesrepublik quasi eine Koalition mit Russland und China gegen westliche Verbündete ein. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) begleitet die Kanzlerin. Er gilt als Urheber der deutschen Libyen-Enthaltung. Mit im Tross der Kanzlerin reist auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er dürfte bei einem informellen Treffen mit seinem US-Amtskollegen Timothy Geithner neben der globalen Finanzkrise auch über die Nachfolge von Dominique Strauss-Kahn sprechen, der als Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) wegen einer Sexaffäre zurückgetreten war. Deutschland unterstützt die französische Finanzministerin Christine Lagarde als Kandidatin.

Aus dem Kabinett sind außerdem Vizekanzler und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sowie Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit von der Partie. Zur Delegation gehört auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Er war von 2007 bis 2009 Bundesarbeitsminister, als Merkel Chefin der Großen Koalition war. Deshalb kennen sich die beiden gut. Als zweiter Landeschef ist Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) dabei.

Aber weil es doch mehr als ein Arbeitsbesuch ist, kommen auch Showmaster Thomas Gottschalk, Ex-Fußball-Nationaltrainer Jürgen Klinsmann, die deutsche Autorin Freya Klier und der Fotograf Andreas Mühe, Sohn des verstorbenen Oscar-Preisträgers Ulrich Mühe, nach Washington.

Und Merkels Ehemann Joachim Sauer. Zu den USA hat auch der medienscheue Wissenschaftler eine besondere Beziehung. Gleich 1990 reiste das Paar nach Kalifornien. Bis 1991 arbeitete Sauer als technischer Direktor für Katalyse bei einer Firma in San Diego. "Niemals werden wir den ersten Blick auf den Pazifischen Ozean vergessen", hatte Merkel bei ihrer bejubelten Rede vor dem US-Kongress im November 2009 gesagt.