Nach dem Bombenanschlag auf das Touristencafé “Argana“ gibt es noch kein Bekenntnis. Die Terroristen schlugen zur Mittagszeit zu.

Marrakesch. Das Ziel war wohl gut ausgesucht, die Zeit durchdacht: Mittags sitzen die meisten Touristen in dem beliebten Café, mitten in Marokkos Touristenhochburg Marrakesch. Nach ersten Erkenntbissen handelt sich sich offensichtlich um einen Terroranschlag, die Hintergründe der Tat sind bisher jedoch noch nicht geklärt.

Nach Angaben der Rettungskräfte sind mindestens 18 Menschen getötet und 20 verletzt worden. Unter den Todesopfern seien auch elf ausländische Besucher. Das Innenministerium des nordafrikanischen Königreichs bestätigte zunächst nur 14 Tote „unterschiedlicher Nationalitäten“. Über die Hintermänner gab es keine Angaben. Es wurde aber spekuliert, dass der nordafrikanische Al-Kaida-Ableger AQMI hinter dem Blutbad stecken könnte. Bundesaußenminister Guido Westerwelle reagierte entsetzt.

Die Terroristen schlugen zur Mittagszeit zu, als das am zentralen Jamaa el-Fna-Platz gelegene Café besonders gut besucht war. Der Platz zählt zum Unesco-Weltkulturerbe und ist mit seinen Gauklern und Händlern die wichtigste Sehenswürdigkeit in der marokkanischen Wüstenstadt.

Das örtliche Fernsehen berichtete, ein Selbstmordattentäter sei in die Küche des Lokals eingedrungen und habe sich neben den Gasflaschen für den Herd in die Luft gesprengt. Dies habe die Wucht der Detonation noch vergrößert. Diese ließ das Lokal teilweise einstürzen und begrub die Gäste unter den Trümmern. Die Polizei hatte die gewaltige Explosion zunächst auf ein Gasleck in der Küche zurückgeführt. „Die Untersuchung der ersten Beweismittel vom Tatort weist jedoch auf ein Attentat hin“, teilte das Innenministerium später mit.

Westerwelle sagte: „Das wäre eine zynische und verabscheuungswürdige Tat, die wir auf das Schärfste verurteilen. Sie darf keinesfalls dazu führen, dass der eingeleitete Reformprozess in Marokko unterminiert wird.“

Die deutsche Botschaft in Rabat sei eingeschaltet und bemühe sich mit Hochdruck um Informationen zur Identität der Toten und Verletzten. Bisher gebe es aber keine Hinweise darauf, dass Deutsche bei dem Attentat getötet oder verletzt worden seien. Unter den Toten sind nach Informationen franzöischer Medien mindestens sechs Franzosen und vermutlich auch ein Brite.

„Ich stand vor dem Restaurant, als die Terrasse explodierte – die Menschen strömten schreiend auseinander, um dann gleich wieder an den Ort des Geschehens zurückzukehren“, schilderte ein deutscher Augenzeuge am Telefon dem hessischen Sender Hit Radio FFH. „Die Straßen waren durch die Menschenmassen verstopft, was es den Rettungskräften sehr schwer gemacht hat.“

Der Anschlag war der bislang blutigste in Marokko seit acht Jahren. Im Mai 2003 starben bei Selbstmordattentaten auf westliche und jüdische Einrichtungen in der Wirtschaftsmetropole Casablanca 45 Menschen, darunter 12 der Täter. Seitdem hat die Polizei Dutzende Terrorzellen zerschlagen und Tausende mutmaßliche islamistische Extremisten verhaftet.

Wie in anderen nordafrikanischen Ländern sind auch in Marokko in den vergangenen Monaten tausende Menschen auf die Straßen gegangen, um demokratische Reformen einzufordern. Die jüngste Demonstration fand am Wochenende statt. Gewalttätige Unruhen wie in anderen Staaten der Region blieben in Marokko aber weitgehend aus.

Der in weiten Teilen der Bevölkerung beliebte König Mohammed VI. kündigte tiefgreifende Reformen an. So will er einen Teil seiner Macht abgeben und die Befugnisse der Regierung sowie des Parlaments stärken. Ein Zusammenhang zwischen dem Anschlag in Marrakesch und den Protesten sei daher nicht zu erkennen, hieß es in Medienberichten. (dpa)