In der Normandie wird aber weiter am ersten Druckwasserreaktor gebaut

Paris/Straßburg. Atomkraftgegner aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz wollen am Sonntag für die sofortige Schließung des elsässischen Atomkraftwerks Fessenheim demonstrieren. In Neuenburg an der Grenze zum Elsass erwarten die Veranstalter vom BUND in Freiburg und von Alsace Nature bis zu 1000 Teilnehmer. Die Kundgebung soll gleichzeitig ein Zeichen der Solidarität für die Menschen in Japan sein, sagte Alsace-Nature-Sprecher Jean-Paul Lacote.

Die Umweltschützer fordern seit Jahren die Schließung Fessenheims, des mit 34 Jahren ältesten Atomkraftwerks in Frankreich. Ihrer Meinung nach ist die Anlage nicht ausreichend gegen Erdbeben und Überschwemmungen gesichert. Außerdem komme es in Fessenheim zu mehr Zwischenfällen als in anderen französischen Kernkraftwerken. Das Straßburger Verwaltungsgericht hatte vor zwei Wochen eine Klage des trinationalen Atomschutzverbandes TRAS gegen Fessenheim abgewiesen. Es wird erwartet, dass die Genehmigung für das Atomkraftwerk demnächst um weitere zehn Jahre verlängert wird.

Etwa drei Dutzend Atomkraftgegner haben sich seit der Katastrophe in Japan auch in Flamanville versammelt. Bei dem normannischen Dörfchen unweit des Ärmelkanals soll der erste Europäische Druckwasserreaktor (EPR), entstehen und den alternden französischen Atompark in dritter Generation erneuern. Er soll leistungsstärker und sicherer als bisherige Meiler sein, wirbt die Atomindustrie. Der EPR werde so gebaut, dass er nicht nur ein Hochwasser, sondern sogar den Absturz eines Verkehrsflugzeugs aushalten würde, behauptet der Stromriese EDF.

Die EPR-Baustelle und die bereits Ende der 70er-Jahre gebauten Atomkraftwerke am Ufer des Ärmelkanals haben Steuergelder in die Gemeindekassen gespült, sodass sich bisher kaum Protest der Anwohner regte. Hier ist die Atomindustrie ein wichtiger Arbeitgeber: von den Kraftwerken in Flamanville bis zur Wiederaufbereitungsanlage in La Hague. Allein auf der EPR-Baustelle sind derzeit 3400 Menschen beschäftigt, etwa die Hälfte von ihnen stammt aus der Region.

Die französischen Atomkraftgegner haben nur wenig Hoffnung, dass sich der Bau noch stoppen lässt. Das zylinderförmige Reaktorgebäude ist so gut wie fertig, in wenigen Monaten soll die Kuppel aufgesetzt werden. Ans Netz soll er 2014 gehen.