Experten bemängeln vor allem fehlende Doppelhüllen und Altersschwäche

Brüssel. Für überzeugte Kernkraftgegner gibt es kein einziges sicheres Atomkraftwerk, erst recht nicht nach den Unfällen in Japan. Aber eine Reihe von Reaktoren und Reaktortypen macht Umweltschützern in Europa besonders große Kopfschmerzen.

Für Greenpeace steht das Kürzel WWER/440/213 für einen der gefährlichsten Kraftwerkstypen in Europa. Das sowjetische Design wurde in den 1970er-Jahren entwickelt und kommt seit den 1980er-Jahren in Reaktoren im tschechischen Dukovany zum Einsatz. Das Brisante für Greenpeace-Experte Jan Haverkamp: "Die Reaktoren haben keine zweite Schutzhülle. Wenn die erste Hülle bricht, ist auf dem Weg nach außen nur noch sehr wenig dazwischen." Solche AKWs stehen auch in Ungarn oder der Slowakei.

Das französische AKW Fessenheim im Elsass ist nur durch den Rhein von Deutschland getrennt. 1977 und 1978 in Betrieb genommen, zählen die Reaktoren für Greenpeace zur Kategorie altersschwach. Denn entscheidende Teile wie Kessel und Leitungen sind aus Metall. "Je länger es läuft, desto schwächer werden die Teile", sagt Experte Haverkamp. Für Greenpeace fallen alle Reaktoren vom Beginn der 80er-Jahre und älter in diese Kategorie.

Nicht nur Japan ist Erdbebengebiet. Sogenannte seismische Aktivitäten gibt es auch mitten in Europa, wenn sie auch bislang nicht an die japanischen Beben heranreichten. Der EU-Kommission zufolge sind daher "die meisten europäischen Atomkraftwerke nicht ausgelegt", Beben wie in Japan zu widerstehen. Seismisch aktive Gebiete mit AKWs liegen auf dem Balkan und südlich von Deutschland.

Großbritannien war einer der Pioniere bei der zivilen Kernkraft-Nutzung, deshalb fallen für Gegner eine ganze Reihe von Anlagen dort bereits unter das Kriterium Altersschwäche. Eine besonders riskante Kategorie sind dem Verband Robin Wood zufolge die gasgekühlten Reaktoren, beispielsweise in Oldbury in der Grafschaft Gloucestershire, die Ende der 1960er-Jahre die Arbeit aufnahmen.

Eine Gruppe von laufenden Kraftwerken hat nach Greenpeace-Angaben mit dem Unglücksreaktor von Tschernobyl gemein, dass sie bei einem außerplanmäßigen Herunterfahren eine extreme Hitze entwickeln können - wenn sie eigentlich kälter werden sollten. In Deutschland oder Frankreich sei der Typ verboten, doch das in Kanada entwickelte Design sei im rumänischen Cernavoda in Betrieb.