Brüssel. Mit Pommes gegen die politische Dauerkrise: Zu einer "Fritten-Revolution" haben belgische Studenten geblasen, um einen tristen Weltrekord zu begehen: Belgien wartet 249 Tage nach den Parlamentswahlen weiter auf einen Durchbruch bei der Regierungsbildung. Damit hat das Königreich, das als Hauptsitz von Europäischer Union und Nato dient, den bisher vom Irak gehaltenen Rekord übertroffen. An diesem Tag sind die Belgier zerrissen zwischen Augenzwinkern und Ernst, zwischen Lachen und Weinen.

Aktionen wie Striptease und Flashmobs waren in Brüssel, Antwerpen, Löwen und Lüttich angesetzt. Hunderte Portionen Gratis-Pommes sollten Geschmack auf Protest machen. Denn Pommes frites gelten als eines der wenigen Symbole eines geeinten Belgiens, das de facto in zwei Gebiete mit flämischen und französischsprachigen Bürgern geteilt ist. Diese Gräben sorgten dafür, dass die Regierung von Yves Leterme im April letzten Jahres zerbrach. Nach den Neuwahlen vom Juni blieben alle Anläufe für eine neue Regierung und die damit zusammenhängende Staatsreform erfolglos.

Zankäpfel sind die künftige Machtfülle der Gliedstaaten und die Finanzen, der Status der Hauptstadt und die Minderheitenrechte von Frankofonen in Flandern. Generell wollen die Flamen, denen es wirtschaftlich am besten geht, mehr Autonomie, die Französischsprachigen bremsen. Im Irak schafften die Parteien eine politische Einigung 2010, 248 Tage nach der Wahl. Nach 289 Tagen segnete das Parlament dann das neue Kabinett ab, dieser Rekord würde in Belgien Ende März fallen.