Die EU-Statistik zeigt: Viele afrikanische Flüchtlinge bleiben in Spanien und Italien

Wenn Afrikaner nach Europa fliehen, ist Deutschland nicht ihr Hauptzielland, sagt Rolf Benndorf, 46. Der Hamburger Sozialwissenschaftler hat sich in seiner Promotion "Lebensperspektive Deutschland" mit Afrikanern und ihrer Integration befasst. Sein Fazit: "Afrikaner sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt schlechter integriert als Türken oder Italiener." So sei 2007 nur ein Drittel der erwerbsfähigen Afrikaner zwischen 15 und 65 Jahren einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen.

Zugleich würden sie von den Deutschen weniger akzeptiert als andere Ausländer. "Dabei wollen sie sich stark integrieren", sagt Benndorf.

Kein Wunder also, dass von rund 271 000 afrikanischen Immigranten, die Statistiker der Europäischen Union 2008 gezählt haben, nicht einmal jeder Zehnte - nämlich rund 22 000 - nach Deutschland kamen. Deutlich mehr, nämlich 147 000, zog es nach Spanien und weitere 76 000 nach Italien.

"Afrikaner gehen vor allem dorthin, wo schon viele Menschen aus ihrem Land leben. Da wirken auch Familiennetzwerke", sagt Benndorf. Zudem spielten die geografische Nähe zwischen Ländern und das Dublin-2-Abkommen eine Rolle für den Flüchtlingsstrom. Flüchtlinge müssen in Europa in dem Land bleiben, das sie zuerst betreten haben. Mittelmeeranrainer werden deshalb stärker von Flüchtlingswellen getroffen, wie auch die offiziellen Zahlen zeigen. So wanderten 2008 fast 94 000 Marokkaner nach Spanien und 37 000 Marokkaner nach Italien aus.

Die europaweiten Zahlen sind sehr lückenhaft. Frankreich, Großbritannien und Griechenland bleiben trotz ihrer Bedeutung als Zielländer unberücksichtigt, weil sie ihre Zahlen nicht an die EU gemeldet haben.

Bislang geschieht das freiwillig, wie eine Eurostat-Sprecherin bestätigt. Erst in diesem Jahr werde die Meldung der Migranten-Zahlen 2009 durch die EU-Staaten rechtlich verbindlich.

Der unvollständigen EU-Statistik zufolge stellten Marokkaner mit deutlichem Abstand die größte Migranten-Gruppe. Senegalesen waren mit knapp 18 000 die zweitgrößte, gefolgt von den rund 16 000 Nigerianern.

Der Wissenschaftler Rolf Benndorf erwartet, dass die Zahl der Flüchtlinge aus Afrika in den nächsten Wochen zunimmt.

"Die mangelnden Grenzkontrollen machen Tunesien zur Durchgangsstation. Schleuserbanden reagieren auf die Entwicklung blitzschnell." Es sei aber damit zu rechnen, dass die EU ihre Grenzpolizei Frontex einschalte oder den Tunesiern finanziell helfe, um den Strom zu drosseln.