Hamburg. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sieht trotz der Unruhen am Nil derzeit keinen Anlass für ein Einfrieren der deutschen Hilfen für Ägypten. Dem Hamburger Abendblatt sagte Niebel: "Im Augenblick ist es viel zu früh, um über mögliche Konsequenzen für die deutsch-ägyptische Entwicklungszusammenarbeit zu sprechen." Die Regierung verfolge die Lage aber sehr genau. Niebel will jedoch nicht ausschließen, dass es zu Sanktionen seines Ministeriums kommen könnte: "Die Einhaltung der Menschenrechte und gute Regierungsführung sind wesentliche Kriterien für die Ausgestaltung unserer Kooperation." Im Fall Ägyptens wird laut Niebel ausschließlich projektbezogen gearbeitet, sodass deutsche Experten jederzeit die Kontrolle über den Mittelfluss ausübten. In Ägypten sei die Bundesrepublik beispielsweise engagiert durch Vorhaben zur Stadtteilentwicklung oder zur Förderung der Frauenrechte.

Dem Entwicklungsminister zufolge unterstützt die Bundesregierung in den Maghrebstaaten zahlreiche Projekte, darunter die deutschen politischen Stiftungen, die in vielen Ländern mittel- und langfristig an den Themen gute Regierungsführung und Demokratie arbeiten. Auch entwicklungspolitische Nichtregierungsorganisationen aus der deutschen Zivilgesellschaft können laut Ministerium gefördert werden, die Kirchen erhalten aus dem BMZ-Haushalt für ihre entwicklungspolitische Arbeit eine Art Globalbudget. Bei der staatlichen Entwicklungshilfe gehe Deutschland "natürlich länderspezifisch vor; wohlhabende Länder wie Saudi-Arabien erhalten keine finanzielle Unterstützung", betonte Niebel.

Unterdessen rief Bundesaußenminister Guido Westerwelle die Europäische Union dazu auf, den Prozess der Demokratisierung in Ägypten zu unterstützen. Die EU müsse an der Seite derer stehen, die Bürger- und Freiheitsrechte einforderten, sagte Westerwelle gestern in Brüssel vor Beratungen der EU-Außenminister über die Unruhen in Ägypten. Es sei wichtig, die Kräfte zu unterstützen, die einen geordneten Übergang zu demokratischen Verhältnissen wollten, betonte Westerwelle. Zugleich müsse eine Radikalisierung verhindert werden. "Wir wollen nicht, dass radikale Trittbrettfahrer die Profiteure einer solchen freiheitlichen Demonstration werden können." Die EU ergreife nicht die Partei für einzelne Personen, sondern für Demokratie und Menschenrechte.