Bei seinem Antrittsbesuch in Straßburg kritisieren die europäischen Abgeordneten Ungarns Premier Viktor Orban für sein Mediengesetz.

Straßburg. Normalerweise umfasst der Antrittsbesuch eines Regierungschefs vor dem EU-Parlament zum Start in seine Ratspräsidentschaft vor allem schöne Worte und beifällige Reaktionen. Nicht im Fall Viktor Orbans, des ungarischen Ministerpräsidenten: Wegen seiner umstrittenen Medienpolitik musste er sich in Straßburg einer hitzigen Debatte und zahlreichen Angriffen stellen.

Mehrere Abgeordnete der Grünen empfingen Orban mit hochgehaltenen leeren Blättern, auf denen das Wort "zensiert" stand. Viele von ihnen hatten sich den Mund zugeklebt. Der Protest galt dem ungarischen Mediengesetz, das Zeitungen und Rundfunksender des Landes seit dem 1. Januar der Kontrolle eines "Medienrats" unterwirft. Ein Gremium, in dem ausschließlich Vertreter der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz vertreten seien, kritisierten vor allem Vertreter der Linken, Liberalen und Grünen. "Das geht nicht", sagte der sozialistische Fraktionschef Martin Schulz (SPD). Wie Schulz forderten mehrere Abgeordnete Orban auf, das Mediengesetz abzuschaffen.

Orban reagierte auf den Hagel von Kritik aggressiv. Er verwahre sich dagegen, dass Fragen der "ungarischen Innenpolitik" mit denen des EU-Vorsitzes seines Landes vermengt würden, konterte er. Sollte dies geschehen, werde er den "Kampf aufnehmen". Dies werde aber nicht Ungarn schaden, sondern der EU. Ungarn sei ein demokratischer Rechtsstaat und wer dies infrage stelle, "beleidigt das ungarische Volk".

Orban bekräftigte aber, er werde das Gesetz korrigieren, sollte die EU-Kommission "nachweisliche Mängel" erkennen. Der Schlagabtausch täuschte nicht darüber hinweg, dass sich das Parlament nicht auf eine Verurteilung des Mediengesetzes einigen konnte. Mehrere Konservative von der Europäischen Volkspartei (EVP) zollten Orban sogar freundlichen Applaus.