Vor der Trauerfeier für die Opfer von Tucson besuchte der Präsident auch Gabrielle Giffords im Krankenhaus

Das Attentat in Tucson hat die USA tief erschüttert. Bei einer Gedenkfeier für die Opfer am Mittwoch hat US-Präsident Barack Obama die Amerikaner in Tucson zur Versöhnung und zum zivilen Umgang trotz aller politischen Differenzen aufgerufen. "Die Kräfte, die uns trennen, sind nicht so stark wie die, die uns einen", sagte Obama in einer bewegenden Rede auf dem Campus der Universität von Arizona. Er warnte vor vereinfachten Erklärungen. "Wenn diese Tragödie zum Nachdenken und Diskutieren anstößt, dann müssen wir uns jenen als würdig erweisen, die wir verloren haben." Noch immer ist die Bluttat eins der Top-Themen in den amerikanischen Medien. Viele fragen sich, ob die aggressive, polarisierende Sprache in der Politik den Attentäter Jared Loughner zu seiner Tat ermutigt hat.

Zwei Stunden vor Beginn der Zeremonie war die Halle mit 14 000 Plätzen bereits voll besetzt, Tausende weitere verfolgten die Gedenkstunde von einem nahe gelegenen Stadion aus. Obama ehrte auch die Opfer, deren Namen kaum noch genannt werden: die neunjährige Christina Taylor, Bundesrichter John Roll, Giffords' Mitarbeiter Gabe Zimmerman, die Rentner Dorothy Morris, Dorwan Stoddard und Phyllis Schneck. Sofort nach der Ankunft in Tucson war Obama mit seiner Frau Michelle zur Uniklinik gefahren, wo er vier der Verwundeten und die demokratische Politikerin Gabrielle Giffords besuchte. Ihr Zustand hat sich nach dem Kopfschuss stabilisiert. Sie zeige "mehr und mehr Reaktionsfähigkeit" und bekomme weniger Schmerzmittel, sagte ihr Arzt Peter Rhee. Kurz nach seinem Besuch habe Giffords zum ersten Mal wieder ihre Augen geöffnet, berichtete Obama bei der Gedenkfeier. "Sie weiß, dass wir hier sind."

Die US-Bundespolizei stieß inzwischen auf Hinweise, wonach Jared Loughner offenbar schon seit längerer Zeit einen Hass auf Gabrielle Giffords entwickelte. In seinem Haus fanden Ermittler einen Umschlag mit den handgeschriebenen Worten "Ich habe es geplant", "Mein Anschlag" und "Giffords". Auf einen Brief aus Giffords' Büro, in dem sich die Abgeordnete 2007 bei Loughner für die Teilnahme an einer Veranstaltung bedankte, hatte er geschrieben: "Stirb, Schlampe". Am Sonnabend hatte ein Wildhüter Loughner gegen 7.30 Uhr angehalten, weil der über eine rote Ampel gefahren war. Das teilte die Naturschutzbehörde jetzt mit. Weil kein Haftbefehl vorlag, habe der Mann nach einer mündlichen Verwarnung seine Fahrt fortsetzen dürfen. Rund drei Stunden später feuerte er in einem Einkaufszentrum um sich.

Die US-Raumfahrtbehörde Nasa hat gestern einen Ersatzmann für Astronaut Mark Kelly, den Ehemann von Gabrielle Giffords, benannt. Kelly war als Kommandant für den letzten Weltraumflug der "Endeavour" am 19. April vorgesehen. Er wurde bis auf Weiteres vom Dienst freigestellt.