Die im Iran inhaftierten deutschen Journalisten dürfen erstmals ihre Angehörigen treffen

Berlin. Nach 79 Tagen Haft, Angst und Ungewissheit haben die im Iran festgehaltenen Journalisten von "Bild am Sonntag" jetzt erstmals ihre Angehörigen treffen dürfen. Einen halben Tag gaben die iranischen Behörden den beiden Männern Zeit für die Gespräche mit der Familie. Am Montag Gegen 23 Uhr deutscher Zeit - da war es in der Provinzhauptstadt Täbris im iranischen Nordwesten schon weit nach Mitternacht - führten Sicherheitsbeamte die Gefangenen mit Mutter und Schwester zusammen. Der Ort des Treffens: ein Fünf- Sterne-Hotel am Rand des Schah-Goli-Parks.

Die Iraner hatten für die Inhaftierten und ihren Besuch zwei Suiten reserviert. Deren Zugänge wurden zwar von Sicherheitskräften bewacht, in den Zimmern aber hatten die Familien die Gelegenheit, allein miteinander zu reden. Über den Inhalt der Gespräche wollte von offizieller Seite niemand etwas sagen. Die beiden Frauen sagten: "Wir waren zwölf Stunden mit den beiden zusammen. Die Emotionen gingen hoch und runter: Es flossen Tränen, und wir haben gelacht. Wir haben versucht, die beiden zu stärken, da die Bedingungen in der Haft schwierig sind. Da sind auch die Briefe, die wir der Heimat mitgebracht hatten, sehr hilfreich. Sie haben es genossen, dass man das Fenster öffnen und frische Luft atmen konnte, eine gute Dusche hatte und dass sie sich einfach wieder in einem größeren Raum bewegen konnten."

Am Vormittag gab es ein gemeinsames Frühstück mit dem deutschen Botschafter Bernd Erbel, einem weiteren deutschen Diplomaten sowie einem Vertreter der iranischen Behörden. Entgegen dem Wunsch der deutschen Botschaft, auf Presse zu verzichten, sendete ein iranischer Fernsehsender Bilder von der festlich gedeckten Tafel - wohl um zu zeigen, dass es den Inhaftierten an nichts fehlt. Tatsächlich sahen die beiden Journalisten erschöpft aus. Es gehe ihnen "den Umständen entsprechend" gut, hieß es aus Diplomatenkreisen. Seit zwölf Tagen würden sie nicht mehr getrennt voneinander gefangen gehalten, sondern in einem Raum. Der Zusammenkunft war ein tagelanges diplomatisches Tauziehen vorangegangen. Schon an Heiligabend reisten die Schwester des Reporters und die Mutter des Fotografen nach Teheran. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hatte den Iran aufgefordert, ein Treffen über Weihnachten zu ermöglichen. Doch die iranische Regierung habe die Zusammenkunft trotz "mehrfacher fester Zusagen" immer wieder hinausgezögert, hieß es von deutschen Diplomaten. Am Montag berief das Auswärtige Amt in Berlin den iranischen Botschafter ein, um den "Unmut" der Bundesregierung über die Hinhaltetaktik deutlich zu machen. Westerwelle selbst telefonierte mehrfach mit seinem iranischen Amtskollegen Ali-Akbar Salehi, der sich daraufhin mit den Angehörigen traf und schließlich eine rasche Begegnung im rund 600 Kilometer entfernten Täbris zusagte. In Teheran hieß es, Salehi habe sich mit mehreren Behörden auseinandersetzen müssen, um seiner Zusage nachkommen zu können. Die Justiz hatte sich demnach gegen eine Zusammenkunft zu Weihnachten in der deutschen Botschaft in Teheran gestellt, am Ende aber schließlich dem Treffen in Täbris zugestimmt. Dort sitzen die Deutschen seit dem 10. Oktober in Haft. Ihnen wird vorgeworfen, ohne Journalisten-Akkreditierung im Iran gearbeitet zu haben. Sie hatten versucht, den Sohn und den Anwalt von Sakine Mohammadi Aschtiani zu interviewen, die wegen Ehebruchs zum Tod durch Steinigung verurteilt worden war. Der Fall Aschtiani hatte international Proteste ausgelöst, die Vollstreckung des Urteils wurde zwischenzeitlich ausgesetzt.

Nach zwölf gemeinsamen Stunden machten sich die Angehörigen gestern wieder auf den Weg nach Teheran. Heute werden Schwester und Mutter wieder in Deutschland erwartet. Es spricht wenig dafür, dass ihre Angehörigen ihnen rasch folgen werden: Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums wies Spekulationen zurück, dass nun eine baldige Freilassung anstehe. Die Entscheidung sei Sache der Justiz. Immerhin ist zu hören, dass die Ermittlungen weitgehend abgeschlossen sind und das Verfahren bald beginnen werde.

Westerwelle dankte seinem iranischen Kollegen "für seine Unterstützung", fügte aber hinzu: "Die Bundesregierung dringt weiter auf die baldige Rückkehr unserer beiden Landsleute nach Deutschland." Der Chefredakteur von "Bild am Sonntag", Walter Mayer, sagte, der Fortgang des Verfahrens sei ungewiss. Haft, Angst und Ungewissheit, so scheint es, werden andauern.