Bei Anschlägen auf Kirchen sterben Dutzende Menschen in Nigeria und auf den Philippinen. Papst Benedikt fordert Solidarität mit verfolgten Christen

Rom/Hamburg. Für Christen in Ländern wie Nigeria, dem Irak oder den Philippinen ist der 24. Dezember nicht nur ein heiliger Abend. Es ist auch ein gefährlicher Abend. In der nigerianischen Stadt Jos bezahlten 32 Menschen ihren Glauben mit dem Leben. Vier Bomben gingen dort in der Altstadt in die Luft. Unter den Opfern waren auch viele Christen. Im Norden des Landes überfielen Mitglieder der radikalislamischen Sekte Boko Haram zwei christliche Kirchen. Nach Angaben der Polizei töteten sie sechs Menschen.

Auf der philippinischen Insel Jolo explodierte während einer christlichen Weihnachtsmesse eine Bombe. Sechs Menschen wurden verletzt. Die Armee sieht die radikalislamische Gruppe Abu Sayyaf hinter dem Anschlag. Papst Benedikt XVI. hat die blutigen Anschläge auf Christen in Nigeria und auf den Philippinen scharf verurteilt. Er rief gestern vor Zehntausenden Menschen auf dem Petersplatz in Rom dazu auf, den "Weg des Hasses zu verlassen" und Konflikte friedlich zu lösen. Schon in seiner Weihnachtsansprache hatte Benedikt XVI. die Christenverfolgung in vielen Ländern angeprangert. Politiker aller Staaten müssten "tätige Solidarität" mit Christen insbesondere im Irak und "im ganzen Nahen Osten" zeigen, sagte Benedikt XVI. im Vatikan. Am Heiligen Abend feierte er mit Tausenden Gläubigen die Christmette im Petersdom.

Der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, sagte "Bild am Sonntag", Christen seien "gegenwärtig die am meisten verfolgte Religionsgruppe". Untersuchungen zufolge seien weltweit 100 Millionen Christen von Diskriminierung, Schikanen oder Gewalt betroffen.

Vor allem im Irak ist die Situation für Christen dramatisch. Als Folge von Krieg und der Radikalisierung von Islamisten sind etwa 800 000 der zuvor 1,2 Millionen Christen aus dem Land geflohen. Bei einer Geiselnahme in einer Kirche in der irakischen Hauptstadt Bagdad und einer anschließenden Befreiungsaktion waren Ende Oktober 44 Gläubige, zwei Priester sowie sieben Sicherheitskräfte ums Leben gekommen.

Während im Irak mehrheitlich sunnitische Extremisten das Machtvakuum nach dem Sturz Saddam Husseins für ihre Gewalt nutzen, zeigt der Konflikt in Nigeria, wie Religion als Brandbeschleuniger für Gewalt missbraucht wird. Mehr als 500 Menschen starben bisher allein in der Stadt Jos. Im Januar wurden dort und umliegenden Dörfern mehr als 300 Menschen getötet - die meisten waren Muslime.

Dabei sind die blutigen Unruhen zwischen Muslimen und Christen kein Religionskrieg, sondern ein Kampf um Arbeit, Ackerland und Nahrungsmittel. Es ist auch ein Konflikt zwischen sesshaften Bauern und nomadisch lebenden Viehzüchtern. Scharfmachern dient der Glaube dazu, diese ethnischen Gruppen im Streit um politische und wirtschaftliche Macht aufzuhetzen.

Während der Konflikt in Ländern wie Irak und Nigeria vor allem von Christentum und Islam ausgetragen wird, sind Christen in Indien besonders durch fanatische Hindus bedroht. Die traurige Bilanz zog unlängst die "Evangelical Fellowship of India". Allein für 2009 zählte die Organisation 152 Gewalttaten gegen Christen und ihre Einrichtungen - je nach Quelle liegt die Zahl der Todesopfer zwischen 100 und 500. Zehntausende Gläubige flohen in den vergangenen Jahren aus ihren Dörfern. Wie auch in asiatischen Staaten wie den Philippinen und Malaysia spielt bei der Ursache für die Gewalt der Wechsel vieler Menschen zum Christentum eine entscheidende Rolle.

Wer konvertiert, hofft auch auf eine Befreiung von religiösen und sozialen Zwängen. Muslime entfliehen radikalen Islam-Wächtern, Hindus suchen Auswege aus dem diskriminierenden Kasten-System Indiens. Vor allem die "Dalits" konvertieren häufig. Sie gehören zur untersten Kaste. Doch nicht nur andere Religionen, sondern auch politische Ideologien sind eine Gefahr für Gläubige. So werden Christen auch von den sozialistischen Regierungen in China, Vietnam und Kambodscha in ihrer Freiheit beschnitten.