Die „Rally to Restore Sanity and/or Fear“ in Washington wurde von den Comedians Jon Stewart und Stephen Colbert organisiert.

Washington. D rei Tage vor der Kongresswahl haben nach ersten Angaben über 60.000 Amerikaner in Washington gegen die politische Polarisierung in ihrem Land demonstriert. Zu der Kundgebung unter dem Motto „Rally to Restore Sanity and/or Fear“ (Wiederherstellung der Vernunft und/oder der Furcht) hatten die beiden prominenten Fernsehkomiker Jon Stewart und Stephen Colbert aufgerufen. Die Menschenmenge auf der Washington Mall reichte fast vom Kapitol bis zum National Monument, und auch drei Stunden nach Beginn der Kundgebung kamen immer mehr Teilnehmer – viele in Halloween-Kostümen – hinzu.

Stewart rief die Politiker zur Zusammenarbeit statt des ewigen Zanks auf. „Dies ist keine Kundgebung, um zu suggerieren, dass die Zeiten nicht schwer sind und wir nichts zu befürchten haben, denn sie sind schwer und wir haben begründete Ängste. Aber wir leben nur in schwierigen Zeiten, nicht in der Endzeit“, sagte Stewart. „Als Volk wissen wir instinktiv, dass wir zusammenarbeiten müssen, um durch die Finsternis zu finden. Aber wir wissen auch, dass das Licht am Ende des Tunnels machmal nicht das Gelobte Land ist – sondern nur New Jersey“, sagte der Satiriker unter dem Gelächter der Zuhörer weiter.

Viele der Teilnehmer imitierten auf ihren Spruchbändern den satirischen Ton der Redner. Auf einem Plakat stand „Gott hasst dieses Schild“, auf einem anderen hieß es: „Wann immer Sarah Palin twittert, tötet Gott ein Kätzchen“ – eine Anspielung auf die Angewohnheit der Galionsfigur der Rechten, ihre Anhänger über den Kurzbotschaftendienst im Internet, Twitter (Zwitschern), zu mobilisieren.

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Stewart wie Colbert stehen politisch den Demokraten nahe. Ihre Initiative gilt als Antwort auf die Washingtoner Kundgebung vom August, zu der unter dem Motto „Wiederherstellung der Ehre“ der ultra-konservative Talkshow-Moderator Glenn Beck das rechte Lager geladen hatte. Mindestens 80.000 Menschen waren damals Becks Ruf gefolgt und hatten gegen US-Präsident Barack Obama und die „sozialistische“ Politik seiner Regierung demonstriert.

Die Teilnehmerin der Gegenkundgebung vom Samstag, Linda Paul, war nach eigenen Angaben aus Iowa nach Washington gekommen, um das „Land wieder ins Gleichgewicht zu rücken“. „Wir wollten der Welt zeigen, dass nicht jeder in den USA so ist wie die zehn Prozent, die spalten und wieder rückwärts gehen wollen“, sagte sie. Ihre Nachbarin Jody Silvio bestätigte: „Bei dieser Kundgebung geht es darum, Menschen wieder zusammen zu bringen und zu zeigen, dass wir nicht so gespalten sein müssen, dass wir durchaus zivilisiert miteinander reden können“, sagte sie.