Wieder Ermittlungen: Ministerpräsident Silvio Berlusconi soll wegen Steuervergehen aus den Jahren 2003 und 2004 verhört werden.

Rom. Ärger mit der Justiz - das ist für Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi nichts Neues. Am Freitag berichten mehrere italienische Medien übereinstimmend, dass die römische Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Berlusconi, seinen Sohn Piersilvio und weitere Manager von Berlusconis Mediaset-Konzern aufgenommen haben soll. Diesmal geht es um Steuervergehen aus den Jahren 2003 und 2004. Die italienische Nachrichtenagentur "Ansa" spricht mit Bezug auf Justizkreise davon, dass der Premier am 26. Oktober zu einer Anhörung bestellt worden sein soll. „Die neuen Ermittlungen können sich nicht wesentlich von den bereits in Mailand laufenden unterscheiden“, kommentierte sein Anwalt Niccolò Ghedini die Angelegenheit nüchtern. Die Ermittlungen in Rom seien einzig dadurch begründet, dass einige der Mediaset-Gesellschaften in dem betreffenden Zeitraum in Rom ansässig waren. Generell handele es sich nur um neue Ermittlungen in einem bereits seit längerem in Mailand gegen Berlusconi und seinen Medien-Konzern anhängigen Verfahren. Parteigenossen des Ministerpräsidenten sprachen von einer „politisch motivierten“ Justiz.

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In dem sogenannten Mediaset-Prozess geht es um Steuervergehen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Filmrechten durch Scheinfirmen, bei dem das Unternehmen des Medienmoguls 470 Millionen Euro schwarz im Ausland verdient haben soll. Der Ministerpräsident ist persönlich wegen Steuerhinterziehung angeklagt und riskiert laut Medienberichten eine Verurteilung, da der Tatbestand erst 2012/2013 verjährt sei. Derartige Delikte werden in Italien mit Haftstrafen zwischen anderthalb und sechs Jahren geahndet. Bei den neuen Untersuchungen gehe es um Steuerhinterziehung in Höhe von circa 10 Millionen Euro, hieß es.

Der Mediaset-Prozess sowie ein Korruptionsverfahren gegen Berlusconi wegen Bestechung seines früheren Anwalts David Mills waren im April ausgesetzt worden. Berlusconi hatte damals eine auf 18 Monate begrenzte Regelung durchgedrückt, die seine Abwesenheit und die seiner Minister im Gerichtssaal wegen Regierungsgeschäften grundsätzlich rechtfertigt. Wie seine Gegner ihm vorwarfen, wollte er damit Zeit gewinnen, um ein neues Amnestiegesetz durchs Parlament bringen zu können.

So waren sowohl das Mills-Verfahren als auch der Mediaset-Prozess schon einmal 2008 auf Eis gelegt worden auf der Basis eines von Berlusconi verabschiedeten Amnestiegesetzes. Vor einem Jahr hatte der Verfassungsgerichtshof die maßgeschneiderte Immunität gekippt.

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Berlusconi-Vertrauter zu sieben Jahren Haft verurteilt

Ein enger Vertrauter des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi ist zu sieben Jahren Haft wegen Mafia-Verstrickungen verurteilt worden. Ein Berufungsgericht in Palermo gab das Urteil gegen den Senator und Unternehmer Marcello dell'Utri am Dienstag nach sechstägigen Beratungen bekannt. 2004 war Dell'Utri zunächst zu neun Jahren verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte jetzt in zweiter Instanz elf, die Verteidigung Freispruch gefordert. Dell'Utri kündigte an, die Entscheidung anzufechten. Zuständig in dieser letzten Instanz ist das Kassationsgericht in Rom.

„Ein Urteil alla Pontius Pilatus“, kommentierte der Senator die richterliche Entscheidung. Er sei nur insofern zufrieden, weil das Urteil endlich die Vermutungen über Mafiakontakte in den Jahren nach 1992 fallen lasse. Der Mitbegründer der Berlusconi-Partei Forza Italia bezog sich damit auf schwere Vorwürfe, die in den vergangenen Monaten von einem reuigen Mafioso (“pentito“) gegen ihn erhoben worden waren. So hatte der „pentito“ Gaspare Spatuzza sowohl Berlusconi als auch Dell'Utri beschuldigt, mit der Mafia Anfang der 1990er Jahre einen blutigen Pakt geschlossen zu haben, um sich den Einstieg in die Politik zu ermöglichen. Sowohl der Ministerpräsident als auch Dell'Utri hatten die Vorwürfe stets abgestritten.

Bei mehreren Attentaten in Rom, Florenz und Mailand waren nach den Mafiamorden an den Richtern Giovanni Falcone und Paolo Borsellino im Sommer 1992 zwischen den Jahren 1993 und 1994 zehn Menschen ums Leben gekommen, 93 wurden verletzt. Das von den Korruptionsskandalen der politischen Elite schwer gebeutelte Italien wurde damals durch die Anschläge zusätzlich erschüttert. 1993 hob der Unternehmer Silvio Berlusconi unter anderem gemeinsam mit Dell'Utri seine Forza-Italia- Partei aus der Taufe und ging in die Politik.

Die Vorwürfe des „Paktes zwischen Mafia und Staat“ seien nun durch das Urteil „endgültig begraben“ worden, erklärte auch der Verteidiger Dell'Utris. Das Urteil bestätige zwar Mafiaverstrickungen - aber nur bis 1992.