Nach mehr als zwei Monaten zurück ans Licht: Jubel um die beispiellose Rettung der 33 Bergleute in Chile

Santiago. "Es ist ein Wunder Gottes", riefen Angehörige überwältigt. Und immer wieder "Chile, hoch lebe Chile!" Unter den Augen von Millionen Menschen in aller Welt werden seit gestern die 33 seit mehr als zwei Monaten verschütteten chilenischen Bergleute aus ihrem Verlies in 625 Meter Tiefe befreit. Noch heute früh sollte der Letzte an die Oberfläche geholt werden. Die beispiellose Rettungsaktion wird von Hunderten Fernsehstationen, auch in Deutschland, live übertragen.

Um 5.10 Uhr MESZ (kurz nach Mitternacht Ortszeit) kletterte der erste Kumpel - der zweifache Familienvater Florencio Àvalos - aus der engen Spezialkapsel. In der Gold- und Kupfergrube in der nordchilenischen Atacama-Wüste brandete überschwänglicher Jubel auf. Verwandte und Freunde fielen Àvalos in die Arme, auch Staatspräsident Sebastian Pinera beglückwünschte den strahlenden 31-Jährigen und nannte ihn einen "chilenischen Helden". Àvalos wirkte trotz der monatelangen Strapazen gesundheitlich erstaunlich stabil.

Die Fahrt durch den in zwei Monaten gebohrten Rettungsschacht hatte 16 Minuten gedauert. Als Nächster wurde Mario Sepúlveda nach oben geholt. Auch er galt - wie Àvalos - als psychisch besonders stark und wurde deshalb für eine der ersten Fahrten ausgewählt. Seine Freudenschreie waren schon aus dem Schacht zu hören, bevor er ganz oben war. Euphorisch umarmte Sepúlveda, unter Tage der Sprecher der 33, jeden Helfer, den er greifen konnte: "Ich bin so glücklich!" In einer gelben Tüte brachte er kleine Steine als Souvenir aus der Grube mit. Einen davon drückte er auch Präsident Pinera in die Hand. In einem Interview forderte er grundlegende Veränderungen in der Industrie, um die Rechte der Arbeiter zu schützen. Sein christlicher Glaube sei entscheidend gewesen, dass er das lange Gefangensein gut überstanden habe, sagte Sepúlveda. "Gott war immer bei mir - aber auch der Teufel. Sie haben um mich gekämpft. Gott hat gewonnen."

Eine halbe Stunde nach Mitternacht waren schon 27 Bergleute gerettet, ohne dass es technische Schwierigkeiten gab. Alle trugen dunkle Brillen, um ihre Augen wieder an das Tageslicht zu gewöhnen. In einer behelfsmäßigen Sanitätsstation an der Bohrstelle wurden die Geretteten zunächst von Ärzten untersucht; später flog man sie in eine Klinik. Dort sollen sie sich in den kommenden Tagen ausruhen, begleitet nur von engen Familienangehörigen. Bei aller Freude über die Rettung wiesen Psychologen darauf hin, dass die Folgen des traumatischen Erlebnisses erst später spürbar werden und die Männer noch lange begleiten könnten. 69 Tage lang lebten sie zusammengepfercht unter unvorstellbaren psychischen und hygienischen Bedingungen. In den ersten 17 Tagen galten sie sogar als tot. Es war die längste Zeit, die Bergleute jemals ein solches Unglück unter Tage überlebten.

Politiker in aller Welt gratulierten Chile zu der historischen Rettung. US-Präsident Barack Obama sagte, die Gebete der Amerikaner seien bei den Bergleuten und ihren Familien. Auch Kanzlerin Angela Merkel äußerte ihre Freude, "dass das bisher so reibungslos gelingt und dass auch jeder der bisher Geretteten in so offensichtlich zufriedenstellendem Gesundheitszustand ist".