Extremisten in Pakistan setzen weitere 50 Tanklastwagen mit Nato-Treibstoff in Brand

Hamburg/Washington. Die Nachschubwege der Nato für den Afghanistan-Einsatz geraten immer stärker in das Visier pakistanischer Extremisten. Nachdem am Vortag bereits mehr als 40 Tanklastwagen in Brand geschossen worden waren, gingen gestern im nordwestpakistanischen Distrikt Nowshera mehr als 50 am Straßenrand abgestellte Lastwagen in Brand.

Zwei pakistanische Soldaten wurden bei dem Angriff der militanten Islamisten getötet. Die Nato beeilte sich zu erklären, dass die Einsatzfähigkeit der Friedenstruppe Isaf jenseits der Grenze durch die Anschläge nicht gefährdet sei. "Die Isaf-Operationen hier in Afghanistan sind von all diesen Ereignissen nicht betroffen", sagte Nato-Sprecher Josef Blotz in Kabul.

Allerdings hat Pakistan aus Verärgerung über die anhaltenden amerikanischen Militäroperationen auf pakistanischem Territorium, denen immer wieder Unbeteiligte zum Opfer fallen, auch den wichtigsten Grenzübergang Torkham zum Khyber-Pass gesperrt. Über diese Route verläuft eine der wichtigsten Nachschublinien für die rund 140 000 westlichen Soldaten in Afghanistan. Die US-Regierung hat sich gestern bei der pakistanischen Regierung für den Hubschrauber-Beschuss eines Grenzpostens, bei dem drei pakistanische Soldaten ums Leben gekommen waren, noch einmal entschuldigt.

Doch ungeachtet der amerikanischen Bemühungen um Entspannung kritisierte Pakistan gestern die US-Drohnenangriffe auf seinem Gebiet scharf. Das US-Militär versucht mit dem Einsatz von Kampfdrohnen das Führungspersonal von al-Qaida und Taliban auszuschalten. Bei einem der letzten Drohnen-Einsätze im unwegsamen pakistanischen Stammesgebiet Nordwaziristan am Mittwoch waren vermutlich acht deutsche Islamisten getötet worden, darunter nach unbestätigten Berichten auch der aus Hamburg stammende Deutsch-Iraner Shahab Dashti.

Für diese "kontraproduktiven" Angriffe gebe es "keine Rechtfertigung", erklärte das Außenministerium in Islamabad. Allein im September wurden nach US-Angaben bei 26 Drohnenangriffen mindestens 149 Menschen auf pakistanischem Gebiet getötet.

Die USA und Pakistan sind offiziell zwar Verbündete im Kampf gegen den Terrorismus, aber das Verhältnis der beiden Staaten zueinander nähert sich dem Nullpunkt. Gestern berichtete das "Wall Street Journal", die pakistanische Regierung hintertreibe die geheimen Friedensgespräche der afghanischen Regierung von Präsident Hamid Karsai mit den Taliban. So ermutige der pakistanische Geheimdienst ISI die Aufständischen sogar, ihre Angriffe auch auf Zivilisten auszudehnen. Zugleich versuche der ISI, die Taliban von Verhandlungen mit der afghanischen Regierung abzuhalten. Ein Taliban-Kommandeur sagte der US-Zeitung, wer sich den Befehlen des ISI widersetze, dem drohe die Festnahme. Der "Inter-Services Intelligence" gilt als einer der mächtigsten Geheimdienste der gesamten islamischen Welt und als "Staat im Staat" innerhalb des pakistanischen Machtgefüges. Er steht im Verdacht, im Widerspruch zur offiziellen Politik Islamabads mit militanten Extremisten zu kooperieren und sie sogar mit Geld und Waffen auszustatten.

Die Regierung von US-Präsident Barack Obama steht in Washington unter wachsendem Druck vor allem der Republikaner, Pakistan härter anzufassen. Ein Report des Weißen Hauses an den US-Kongress erhebt schwere Vorwürfe gegen Islamabad: Das pakistanische Militär weiche dem Kampf mit al-Qaida und Taliban aus und gehe nur dann in die Offensive, wenn seine eigenen Interessen bedroht seien. Es handle sich um eine politische Entscheidung sowie um die Prioritätensetzung einer schlecht ausgestatteten Armee.