In den letzten Tagen ist die Spendenbereitschaft in Deutschland enorm gewachsen

Hamburg. Svenja Koch weiß sehr genau, warum die Spendengelder für die Flutopfer in Pakistan am Anfang eher zögerlich geflossen sind. "Erstens sind in Deutschland noch viele Menschen im Urlaub", sagt die Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), "und zweitens haben wir einen Sommer der Katastrophen." Die Ölpest im Golf von Mexiko, die Toten bei der Loveparade in Duisburg, die verheerenden Brände in Russland, "da schalten viele irgendwann einfach ab".

Und drittens, so Koch, werde Pakistan meistens nur mit schlechten Nachrichten in Verbindung gebracht - Bomben, Sprengstoffattentate, Terror der Taliban. Sie spricht von "durch Menschen gemachte Katastrophen" im Gegensatz zu Naturkatastrophen. "Da unterscheiden die Spendenbereiten sehr genau." Ihr Chef, DRK-Präsident Rudolf Seiters, sagt, dass Pakistan selbst "mit seiner unüberschaubaren politischen Situation das Helfenwollen auch nicht gerade leicht macht".

Nun aber scheinen die Deutschen ihre Zurückhaltung aufzugeben. "Die Hilfe rollt jetzt an", sagt Helga Kuhn von Unicef Deutschland, wo bisher eine Million Euro an privaten Spendengeldern für die Soforthilfe gesammelt worden ist. "Das Wichtigste ist sauberes Trinkwasser für die Kinder", sagt sie. Nach Schätzungen der pakistanischen Regierung sind 20 Millionen Menschen, etwa die Hälfte davon Kinder, von der Katastrophe betroffen. "Wir helfen mit Trinkwasseranlagen, Wasserreinigungstabletten und Impfstoffen gegen Masern und Polio", sagt Kuhn. Aktuell würden 1,3 Millionen Menschen mit sauberem Wasser versorgt. Für an Durchfall erkrankte Kinder stellt Unicef eine Zucker-Salz-Mischung zur Verfügung, die die innere Austrocknung des Körpers verhindert. Sie ist für Kinder akut lebensbedrohlich.

Was die Versorgung schwierig mache, sei das ungeheure Ausmaß der Fluten auf "einer Größe von der Fläche Italiens". Dazu kämen Probleme bei der Verteilung, "weil viele Straßen und Brücken zerstört sind". Und die Sorge von weiteren Flutwellen im Süden, wo es heftige Regenfälle gibt. "Die Lage kann sich sogar noch verschlimmern", sagt Helga Kuhn und appelliert, weiter für das geschundene Land zu spenden, in dem Unicef "seit den 50er-Jahren" flächendeckend vertreten ist. Darum sei auch Korruption kein Thema. "Die Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden klappt gut." Schließlich würde Unicef kein Geld verteilen, sondern Hilfsgüter. "Und die Verteilung ist garantiert."

Eine Garantie, dass die Hilfe direkt bei den Bedürftigen ankommt, gibt auch Svenja Koch. "Die Menschen können sicher sein, dass die Spenden weder bei der Regierung noch in falschen Händen landen", sagt sie. Seit 1983 arbeitet das DRK mit dem Roten Halbmond in Pakistan zusammen. Es gebe "mobile Gesundheitsstationen" mit Zelten, in denen einheimische Ärzte insgesamt 6000 Patienten täglich mit Medikamenten, Verbandsmaterial und Impfstoffen versorgen.

Gestern ist in Berlin ein DRK-Hilfsflug nach Islamabad gestartet. An Bord befinden sich 1000 Zeltplanen, 1000 Moskitonetze, 2000 Decken, 500 Küchen- und 500 Werkzeugsets, die vom Internationalen Roten Kreuz vor Ort verteilt werden.

"Nach verhaltenem Start", sagt Svenja Koch, "hat es jetzt einen enormen Spendenzuwachs gegeben." Auch beim DRK sind bisher eine Million Euro an Spendengeldern eingegangen.