Vor Gipfel sichern Tausende Polizisten Afghanistans Hauptstadt. Vier Bundeswehr-Soldaten verletzt

Hamburg/Kabul. Der Flughafen ist gesperrt. Wer mit dem Flieger anreist, muss mehrere Kilometer laufen, um ein Taxi zu erwischen. Ganze Teile der afghanischen Hauptstadt Kabul sind abgeriegelt, alle Geschäfte haben auf Anordnung des Präsidenten zwei Tage lang geschlossen. Vor dem heutigen Beginn der Afghanistan-Konferenz ist Kabul im Ausnahmezustand. So sieht es aus in einer Stadt, die in diesen Tagen vor allem eines demonstrieren will: Sicherheit. Um Terroranschläge auf das internationale Gipfeltreffen zur Zukunft des Landes zu verhindern, sind Zehntausende Polizisten, Sicherheitskräfte und Geheimdienstagenten in Zivil im Einsatz.

Die Sorgen um die Sicherheit der internationalen Afghanistan-Konferenz und ihrer Teilnehmer sind begründet. Erst im Juni wurde die von Präsident Hamid Karsai einberufene "Friedens-Dschirga", an der 1600 Delegierte teilnahmen, von Anschlägen überschattet. Während Karsai bei der Versammlung von Aussöhnung sprach, schlugen nur wenige Hundert Meter vom Tagungsgelände Raketen der Aufständischen ein - trotz auch damals hoher Sicherheitsvorkehrungen. Drei Zivilisten wurden bei den anschließenden Schusswechseln zwischen den Attentätern und der Polizei verletzt, drei Angreifer getötet. Karsai zog aus dem Vorfall Konsequenzen: Er entließ den Innenminister und den Geheimdienstchef.

Auch die Ereignisse der vergangenen Wochen hinterlassen bei den Organisatoren die bittere Vorahnung, dass es während der Konferenz zu Anschlägen kommen könnte. Der vergangene Juni war der bisher verlustreichste Monat für die internationalen Truppen: 103 Soldaten kamen ums Leben. Nach Angaben der Nato wurden gestern erneut zwei US-Soldaten bei Anschlägen im Süden getötet. Damit kamen im laufenden Monat bereits 57 Soldaten der Nato ums Leben.

Erst am Sonntag zündete ein Attentäter auf einem belebten Markt im Osten Kabuls einen Sprengsatz, drei Menschen wurden getötet und mindestens 45 weitere verletzt. Auch die deutschen Soldaten spüren seit Monaten, dass die Sicherheitslage in Afghanistan immer fragiler wird. Lange Zeit war es im Einsatzgebiet der Bundeswehr, im Norden Afghanistans, ruhig. Doch die Anschläge nehmen zu, immer häufiger ist die Bundeswehr in Gefechte verwickelt. Vier Bundeswehrsoldaten sind erst gestern durch einen Anschlag mit einer Sprengfalle in Afghanistan leicht verletzt worden. Die Explosion habe eine gemischte deutsch-afghanische Patrouille zwölf Kilometer südwestlich des Feldlagers Kundus getroffen, teilte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr mit. Schon am Sonntag wurde eine andere Patrouille der Deutschen mit einem Sprengsatz attackiert, verletzt wurde dabei aber niemand. Die Lage rund um das Feldlager in Kundus gilt als angespannt, die Operationen von US-amerikanischen Eliteeinheiten haben das Klima erneut verschärft. Fast jede Nacht sind Spezialeinheiten auf der Jagd nach Taliban-Kommandeuren.

Die afghanische Regierung und die Nato-Truppen fürchten nun, dass weitere Anschläge auf das Umfeld der Konferenz folgen könnten. Es wäre das schlimmstmögliche Signal, würden die afghanischen Sicherheitskräfte erneut düpiert werden. Ein halbwegs stabiles Afghanistan würde in den Augen der Weltöffentlichkeit noch weiter in die Ferne rücken. Gleichzeitig wäre ein Anschlag auf die erste internationale Konferenz auf afghanischem Boden ein großer Erfolg für die Taliban.

Und so wird der afghanischen Regierung zwar symbolisch die Hauptverantwortung für die Sicherheit während der Konferenz überlassen. Sollte es aber tatsächlich zu einer dramatischen Verschärfung der Lage kommen, stehen internationale Truppen zum Einschreiten bereit. Denn eines ist klar: Trotz der massiven Sicherheitsvorkehrungen werden die Aufständischen alles daransetzen, die Konferenz mit Anschlägen zu sabotieren.