Unicef-Report warnt vor weltweitem Anstieg von Armut und Hunger

Berlin. Viele Tausende Kinder sind infolge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise vom Tod durch Hunger und Krankheit bedroht. Überhöhte Lebensmittelpreise, sinkende Einkommen und steigende Arbeitslosigkeit treffen nach dem gestern in Berlin vorgestellten Unicef-Report 2010 gerade die Familien am härtesten, die schon vor der Krise am Rande der Gesellschaft lebten.

Vor dem heutigen Beginn des Weltwirtschaftsgipfels in Kanada appellierte das Uno-Kinderhilfswerk deshalb an Industrie- und Schwellenländer, die Folgen der Wirtschaftskrise für den ärmsten Teil der Weltbevölkerung zu lindern. Angesichts milliardenschwerer Rettungspakete für Banken und Unternehmen sei ein "Aufschwung mit menschlichem Gesicht" nötig, sagte der Vorsitzende von Unicef Deutschland, Jürgen Heraeus. Prognosen gehen davon aus, dass die Zahl der Menschen in extremer Armut im Laufe dieses Jahres um weitere 64 Millionen steigt, berichtete das Kinderhilfswerk. Über eine Milliarde waren es schon Ende 2009, etwa die Hälfte davon sind Kinder.

Die Ausgaben für Ernährung, Bildung und Gesundheit dürften deshalb keinesfalls verringert werden, warnt Unicef. "Die steigenden Lebensmittelpreise führen dazu, dass Familien in armen Länder teilweise 70 bis 80 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen", sagte Heraeus. In Südasien kann ein Drittel der Menschen seinen täglichen Kalorienbedarf nicht decken. Zum Vergleich: "Die Abwrackprämie für ein Auto in Deutschland betrug das Vielfache des durchschnittlichen Jahreseinkommens in Nepal", so Heraeus.

Gaspar Fajth von Unicef International hob hervor, dass "die Krise zwar zunächst die Industrieländer betroffen hat, aber während sich hier die Wirtschaft langsam erholt, geht jetzt ein Dominoeffekt hinab durch die Jobpyramide". Gerade für die einfachen Jobs ganz unten werde es immer enger. Nachdem Nachfrage und Preise eingebrochen sind, fallen für die Väter Tausende Arbeitsplätze weg. Vielerorts sei es überlebenswichtig, dass Kinder für die Familien mitverdienten. Umso dringender fordert Unicef, die Kosten für Schulbildung in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu senken.

Auch die Weltbank befürchtet eine Verschlimmerung der Lage der Ärmsten. In einer Botschaft an die Gipfelteilnehmer hieß es, ein "Mangel an Ressourcen für angemessene politische Aktionen kann Jahre an Fortschritten bei der Armutsbekämpfung gefährden". Auch die Vereinten Nationen sind besorgt. "Wir haben in einigen Punkten Rückschläge hinnehmen müssen, aber unsere Millenniumsziele bleiben in Reichweite", sagte Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon.

2009 konnte Unicef Deutschland seine Einnahmen mit 70,6 Millionen Euro stabil halten. Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise sei die Spendenbereitschaft der Deutschen nicht zurückgegangen, sagte Heraeus und sprach von einer "außerordentlich große Unterstützung".