Anwältin Ni Yulan verteidigte Chinesen, die vor den Olympischen Spielen 2008 aus ihren Häusern vertrieben worden waren. Ehemann ebenfalls verurteilt.

Peking. Die bekannte chinesische Bürgerrechtlerin Ni Yulan und ihr Ehemann Dong Jiqin wurden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Ein chinesisches Gericht verhängte am Dienstag eine erneute Gefängnisstrafe von zwei Jahren und acht Monaten wegen ungebührlichen Benehmens und Betrugs gegen die Anwältin. Dong Jiqin wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde unter strengen Sicherheitsbedingungen verhängt. Straßen rund um das Gerichtsgebäude wurden abgeriegelt. Die beiden waren zusammen mit Dutzenden Aktivisten Anfang 2011 festgenommen worden. In der chinesischen Führung hatte es damals Befürchtungen gegeben, die Aufstände des Arabischen Frühlings könnten in China Nachahmung finden.

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Dem Ehepaar wurde vorgeworfen, in dem Hotel, in dem sie von der Polizei festgenommen wurden, Unruhen ausgelöst zu haben. Nach Angaben des Gerichts wurden zudem zwischen Juni 2010 und April 2011 Hotelrechnungen in Höhe von umgerechnet rund 8.460 Euro von Ni und Dong nicht beglichen. Ni wurde auch beschuldigt, sich als Anwältin ausgegeben und durch Betrug rund 600 Euro eingenommen zu haben. Ni und ihre Anhänger wiesen die Vorwürfe zurück und erklärten, sie werde für ihre politische und soziale Tätigkeit bestraft.

Ni machte sich einen Namen, weil sie Chinesen verteidigte, die im Zuge der Bauarbeiten vor den Olympischen Spielen 2008 in China aus ihren Häusern vertrieben worden waren - angeblich ohne angemessen dafür entschädigt worden zu sein. Die Chinesin ist nach Angaben der Aktivistengruppe Chinese Human Rights Defenders in den vergangenen zehn Jahren Opfer „ununterbrochener polizeilicher Verfolgung“ geworden. Die gehbehinderte Bürgerrechtlerin war bereits zweimal inhaftiert. Behindert ist sie, seitdem sie 2002 von Polizisten geschlagen wurde, als sie den Abriss eines Hauses eines ihrer Mandanten filmte. „Das Urteil ist unfair und illegal“, sagte Nis Anwalt. Sie werde es vermutlich anfechten. In einem Interview beschrieb die Aktivistin Misshandlungen durch die Polizei, die sie erlitten habe. So hätten Wachleute sie geschlagen, beleidigt und ihr ins Gesicht uriniert. Während ihrer Inhaftierung 2002 hätten Beamte sie festgehalten und solange gegen ihre Knie getreten, bis ihr das Laufen unmöglich geworden sei.

Vor dem Gericht in Peking erklärte die Europäische Union am Dienstag in einer Stellungnahme, sie sei „zutiefst besorgt“ über das Urteil gegen Ni. Wegen ihres schlechten Gesundheitszustands solle die Frau sofort freigelassen werden. Ni saß bereits 2002 und 2008 wegen des Vorwurfs der Behinderung dienstlicher Angelegenheiten im Gefängnis.

Mit Material von dpa/dapd