Schuwalow ist Vizepremier der russischen Regierung. Seine Familie verdiente Millionen. Er bestreitet, Insiderwissen genutzt zu haben.

Moskau. Igor Schuwalow, 45, ist Vizepremier in der russischen Regierung und genießt das enge Vertrauen von Premierminister Wladimir Putin. Seit 1997 arbeitet der Rechtsanwalt in der Regierung und der Präsidialadministration. Seit dieser Zeit ist ihm, wie allen russischen Beamten, jede unternehmerische Tätigkeit untersagt.

Auf dem Papier wird diese Regel auch eingehalten. Schuwalows Vermögen wurde in einen Trust überführt, eine Gruppe von Offshore-Gesellschaften, dessen Begünstigte seine Ehefrau Olga Schuwalowa ist. Ihr Einkommen überstieg in den letzten Jahren das ihres Mannes um das Hundertfache. Der Fonds der Familie Schuwalow, Sevenkey Limited, registriert auf den Bahamas, investierte Millionen Dollar in russische Großunternehmen und machte Geschäfte mit Oligarchen wie Sulejman Kerimow oder Roman Abramowitsch. Die Details über einige dieser Deals wurden nun den Zeitungen "Financial Times" (FT) und "Wall Street Journal" (WSJ) zugespielt.

So investierte Sevenkey im Jahre 2004, als Schuwalow gerade zum Wirtschaftsberater des damaligen Präsidenten Wladimir Putin aufgestiegen war, 17,7 Millionen Dollar in Aktien des Energiekonzerns Gazprom. Der Kauf erfolgte über Nafta Moskwa, ein Unternehmen von Sulejman Kerimow, einem Freund von Schuwalow. Dieser Umweg war nötig gewesen, denn zu dieser Zeit durften Gazprom-Aktien nicht direkt von ausländischen Unternehmen gekauft werden.

Just zu diesem Zeitpunkt aber bereitete die russische Regierung eine Liberalisierung des Handels mit Gazprom-Aktien vor, was unvermeidlich zu einem starken Kursanstieg führen sollte. Als die Familie Schuwalows vier Jahre später ihre Anteilsscheine verkaufte, war der Preis pro Aktie von knapp zwei auf 14,57 Dollar gestiegen. Das "Wall Street Journal" schätzt, dass die Familie alleine mit diesem Geschäft etwa 80 Millionen Dollar verdient hatte, die FT schreibt sogar über eine Summe von 100 Millionen Dollar.

Außerdem besaß der Fonds bis 2004 eine Option auf 0,5 Prozent der Aktien des Ölunternehmens Sibneft. Laut WSJ soll Schuwalow diese Option bereits 1996 vom Oligarchen Roman Abramowitsch bekommen haben, der sich auf diesem Weg für Hilfe beim Kauf der staatlichen Sibneft bedanken wollte. Im Jahr 2004 dann verkaufte Wirtschaftsberater Schuwalow die Sibneft-Option und investierte danach etwa 50 Millionen Dollar in den Kauf von Anteilen am Stahlunternehmen Corus Steel zusammen mit dem Oligarchen Alischer Usmanow. Drei Jahre später bekam der Fonds von Frau Schuwalow sein Geld zurück - mit einem erheblichen Gewinn von 70 Millionen Dollar.

Schuwalow bestreitet alle Vorwürfe, Insiderwissen genutzt zu haben, und behauptet, dass alle Geschäfte mit den russischen Gesetzen konform gewesen seien. Er habe stets Interessenskonflikte zwischen Amt und privatem Handeln vermieden. Die russische Staatsanwaltschaft habe die Geschäfte bereits geprüft und keine Gesetzesverstöße gefunden. Die engen Verstrickungen zwischen Politik und Wirtschaft sind in Russland ein offenes Geheimnis, doch selten kommen konkrete Details über Beziehungen zwischen Beamten und Unternehmern an die Öffentlichkeit. Alle Beteiligten sind daran interessiert, ihre Geheimnisse sorgfältig zu behüten.

Schuwalow ist einer der wenigen russischen Beamten, der das hohe Einkommen seiner Familie offenlegt. Im Jahr 2010 hat seine Familie laut der Steuererklärung 13,4 Millionen Dollar verdient, sie besitzt Immobilien in Russland, Österreich, Großbritannien und Dubai.

Für Schuwalow könnte sein Vermögen in Zukunft problematisch werden. Der künftigen Regierung unter Premier Dmitri Medwedew wird er voraussichtlich nicht angehören. Doch ohne Job bleibt er wahrscheinlich nicht. Laut der russischen Wirtschaftszeitung "Wedomosti" könnte Schuwalow demnächst die Leitung der staatlichen Gesellschaft zur Entwicklung Sibiriens und des Fernen Ostens übernehmen.

Es dürfte kein Zweifel bestehen, dass der Vizepremier das geschäftliche Potenzial dieser Regionen sehr gut einschätzen kann. Er selbst ist bereit, jede Arbeit zu übernehmen. "Ich bin wie ein Soldat. Wohin ich geschickt werde, dort werde ich arbeiten", sagte er unlängst in einem Interview.