Nach dem Militärputsch ist die Lage weiter angespannt. Soldaten zogen auch am Freitag plündernd durch die Hauptstadt Bamako. Unterdessen wächst die internationale Kritik an dem Staatsstreich in dem westafrikanischen Land. Nach Informationen des französischen Auslandssenders RFI wurden bisher mindestens vier Menschen getötet, darunter einer der rebellierenden Militärs. Als Anführer des Putsches trat Hauptmann Amadou Sanogo auf.

Addis Abeba/Bamako. Der Putsch meuternder Soldaten im westafrikanischen Mali ist international verurteilt worden. Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in New York erklärten am Donnerstag, die Soldaten sollten in ihre Kasernen zurückkehren und die Sicherheit des Präsidenten Amadou Toumani Toure gewährleisten. Die verfassungsmäßige Ordnung müsse wiederhergestellt und die demokratisch gewählte Regierung wieder ins Amt gesetzt werden. Die Bundesregierung verurteilte den Putsch. Außenminister Guido Westerwelle forderte einen sofortigen Verzicht auf jede Gewalt. „Die verfassungsmäßige Ordnung muss unverzüglich wiederhergestellt werden.“ Das Außenamt riet bis auf weiteres von Reisen nach Mali ab.

Der Außenminister von Malis ehemaliger Kolonialmacht Frankreich, Alain Juppé, betonte: „Wir haben diesen Militärputsch verurteilt, weil wir uns dem Respekt demokratischer und verfassungsmäßiger Regeln verpflichtet fühlen.“ Er forderte die Wiederherstellung der Ordnung und die planmäßige Durchführung der Wahlen. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der Vorsitzende der Kommission der Afrikanischen Union, Jean Ping, und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kritisierten die Putschisten scharf. Die Afrikanische Entwicklungsbank und die Weltbank kritisierten in einer Erklärung den Staatsstreich scharf. Für die Krise müsse schnell eine Lösung gefunden werden. Die Entwicklungsoperationen würden vorerst unterbrochen. Davon nicht betroffen seien Nothilfemaßnahmen. Soldaten hatten den Präsidentenpalast in der Hauptstadt Bamako gestürmt. Toure konnte offenbar fliehen. In einer Fernsehansprache sagten die Rebellen, das „Klima der Unsicherheit“ im Land und die „Unfähigkeit des Regimes, den Terrorismus zu bekämpfen“ habe sie zu dem Putsch bewogen.

Die Verfassung sei bis auf weiteres aufgehoben und es sei eine Ausgangssperre verhängt worden, sagte der Sprecher des neu gegründeten „Nationalkomitees für die Wiederherstellung der Demokratie und des Staates“, Leutnant Amadou Konare. Toure sei wegen „seines Unvermögens, die Krise im Norden Malis zu bewältigen“ abgesetzt worden, fügte er hinzu. Die Aufständischen wollten nun mit den Nachbarländern und internationalen Organisationen über das weitere Vorgehen beraten. Toure war seit 2002 an der Macht. Zusammen mit einigen loyalen Soldaten soll er in ein Militärcamp gebracht worden sein, berichtete das staatliche Fernsehen. Zuvor hatte es in lokalen Medien geheißen, der 63-Jährige habe Zuflucht in der amerikanischen Botschaft in Bamako gesucht, aber US-Diplomaten wiesen diese Angaben zurück.

Nach zwei Amtszeiten hatte Toure bereits angekündigt, bei den bevorstehenden Wahlen am 29. April nicht mehr als Kandidat antreten zu wollen. Die Verfassung in Mali sieht maximal zwei Amtszeiten für den Staatschef vor. Hintergrund des Coups sind die Kämpfe zwischen der malischen Unabhängigkeitsbewegung MNLA und Regierungstruppen in Nord-Mali seit Januar. Truppenteile sind unzufrieden mit der Handhabung des Konflikts mit den Tuareg-Rebellen. Sie werfen der Regierung vor, dass sie nicht genug Waffen zur Verfügung stelle. Nach UN-Angaben mussten bereits fast 200 000 Menschen ihre Häuser verlassen, um sich vor den Kämpfen in Sicherheit zu bringen. Etwa die Hälfte sind Binnenvertriebene. Die anderen suchten Zuflucht in den Nachbarländern Mauretanien, Burkina Faso und Niger. Die ganze Region wird derzeit von einer schweren Hungerkrise heimgesucht.

„Der Coup könnte die humanitäre Situation im Norden noch verschlimmern“, warnte der Mali-Experte Robert Borthwick. Ohne eine ordentliche Regierungsführung würden wahrscheinlich auch die Hilfslieferungen der internationalen Organisationen reduziert werden. Die Tuareg kämpfen für Autonomie im Norden des Landes. Zu ihnen gehören neben der Freiheitsorganisation „Nationale Bewegung für die Befreiung des Azawad“ (MNLA) auch Tuareg, die in Libyen den im Oktober getöteten Machthaber Muammar al-Gaddafi unterstützt hatten und jetzt nach Mali zurückgekehrt sind. Dem Nomadenvolk gehören rund 1,5 Millionen Menschen an, die in mehreren westafrikanischen Ländern beheimatet sind.

Dem Putsch waren am Mittwoch schwere Kämpfe in der Hauptstadt Bamako vorausgegangen. Zeugen sagten der Nachrichtenagentur dpa, es seien die ganze Nacht lang Schüsse zu hören gewesen. „Es hörte sich aber so an, als seien die meisten Schüsse in die Luft gefeuert worden und nicht direkt auf Menschen“, erklärte ein Bürger. Auch am Donnerstagabend berichteten Augenzeugen noch von sporadischen Schüssen. Mehrere Minister seien festgenommen worden, berichtete Radio France International (RFI). Alle Flüge aus Bamako wurden gestrichen, und auch die Landgrenzen wurden geschlossen.

Plünderungen in Mali

Nach dem Militärputsch ist die Lage weiter angespannt. Soldaten zogen auch am Freitag plündernd durch die Hauptstadt Bamako. Unterdessen wächst die internationale Kritik an dem Staatsstreich in dem westafrikanischen Land. Nach Informationen des französischen Auslandssenders RFI wurden bisher mindestens vier Menschen getötet, darunter einer der rebellierenden Militärs. Als Anführer des Putsches trat Hauptmann Amadou Sanogo auf.

In der Nacht zum Donnerstag hatten Militärs die Regierung des gewählten Präsidenten Amadou Toumani Touré für aufgelöst erklärt. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, eine Ausgangssperre verhängt. Die Putschisten werfen Touré vor, zu wenig Härte im Kampf gegen Tuareg-Rebellen im Norden zu zeigen. Sie forderten die Bildung einer Regierung der nationalen Einheit. Soldaten nahmen mehrere Menschen fest, darunter laut dem britischen Sender BBC eine bisher unbekannte Anzahl von Ministern.

Der UN-Sicherheitsrat verurteilte den Putsch und forderte die „unmittelbare Wiedereinsetzung der Verfassung und der demokratisch gewählten Regierung“. Die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank legten ihre Hilfsprojekte auf Eis. Auch die USA, Frankreich und Deutschland protestierten gegen den Staatsstreich, der rund einen Monat vor der Präsidentenwahl am 29. April verübt wurde. Staatschef Touré hatte erklärt, die Verfassung zu respektieren und nicht für eine dritte Amtszeit zu kandidieren.

Die Grenzen des Landes blieben auch am Freitag geschlossen, der Aufenthaltsort des gestürzten Präsidenten blieb weiter unklar. Er soll sich nicht in der Gewalt der Aufständischen, sondern an einem sicheren Ort befinden. Nach BBC-Informationen befindet er sich in der Obhut der Eliteeinheit der „Roten Barette“, die der gestürzten Regierung gegenüber loyal seien. Das gilt auch für die übrigen Offiziere. Touré ist selbst ein ehemaliger Militär, der 1991 Diktator Moussa Traoré gestürzt hatte und das Land in die Demokratie geführt hatte.

Der Putsch wurde offenbar von Militärs der mittleren und unteren Kommandoebene geführt, die sich laut RFI bislang vergeblich um das Überlaufen der höheren Ränge bemühten. Seit einiger Zeit herrscht Unmut in der Armee, weil die Rebellen der Tuareg-Minderheit im Norden Malis mit neuer Stärke operieren, mehrere Städte eroberten und den Regierungstruppen schwere Verluste zufügten.

Unter den Tuareg-Kämpfern sind offenbar schwer bewaffnete Rückkehrer aus Libyen, die unter dem Gaddafi-Regime tätig waren. Viele malische Soldaten wurden getötet und Zivilisten massakriert. Rund 200.000 Menschen flohen bereits. Die Armee forderte mehr Waffen. Mali gehört zu den ärmsten Ländern der Welt und liegt in der trockenen Sahelzone im Süden der Sahara. Seit dem Ende der Diktatur 1991 hatte der Staat als eines der Musterländer der Demokratie in Afrika gegolten.