Im Nahen Osten herrscht Angst vor einem weiteren Gaza-Krieg: Raketen auf Israel, Vergeltungsschläge der Luftwaffe - beide Seiten riefen Uno an.

Hamburg/Tel Aviv. Im Windschatten der dramatischen Ereignisse in Syrien, rund um das iranische Atomprogramm und in Afghanistan hat sich eine weitere Krise erneut gefährlich zugespitzt - im Nahen Osten herrscht wieder Angst vor einem weiteren Gaza-Krieg. Den vierten Tag in Folge flog die israelische Luftwaffe gestern Angriffe auf Raketenstellungen und Waffenlager palästinensischer Extremisten. Zwei Mitglieder der vom Iran unterstützten Terrorgruppe Islamischer Dschihad sowie ein 16-jähriger Unbeteiligter sollen dabei ums Leben gekommen sein. Außerdem sollen 28 Menschen verletzt worden sein.

Seit Freitag hatten fünf palästinensische Terrororganisationen insgesamt rund 200 Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert, 40 allein am Montag. Die Israelis antworteten mit Luftangriffen, bei denen unter anderem auch der Führer des militanten Volkswiderstandskomitees (PRC), Zuhir al-Qaisi, und der Hamas-Kommandeur Mahmud Ahmad al-Hanini ums Leben kamen. Israel wirft ihnen vor, einen größeren Terroranschlag gegen Israelis geplant zu haben. Insgesamt sollen schon mehr als 21 Palästinenser getötet worden sein, darunter ein 13-jähriger Junge. Mehr als 70 Menschen wurden verletzt.

200 000 israelische Schüler müssen seit Tagen zu Hause bleiben, die Schulen sind wegen der Gefahr von Raketenangriffen aus dem Gazastreifen geschlossen. Am Sonntag war eine Rakete in eine leere Schule eingeschlagen. Rund eine Million Israelis suchen bei Alarm Schutz in den für diese Zwecke errichteten Bunkern. Auch viele israelische Bushaltestellen sind zu provisorischen Schutzbunkern ausgebaut.

Israel setzt gegen die Bedrohung aus dem Gazastreifen das neue Raketenabwehrsystem "Eiserne Kuppel" ein, dessen Flugkörper bislang mehr als 80 Prozent der anfliegenden Raketen abfangen konnten. "Ich möchte betonen, dass sich das System 'Eiserne Kuppel' sehr gut bewährt hat und dass wir es in den kommenden Monaten und Jahren ausbauen werden", sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in der Kabinettssitzung. Jede "Tamir"-Rakete des israelischen Systems kostet rund 62 000 Dollar. Im Mai 2010 hatte der US-Senat 205 Millionen Dollar als finanzielle Förderung des Systems zur Verfügung gestellt. Die "Eiserne Kuppel" spielt auch eine erhebliche Rolle in den Überlegungen Israels, die Nuklearanlagen im Iran anzugreifen. Das Abwehrsystem soll gegen iranische Gegenschläge schützen.

+++ Erneut sechs Tote bei israelischen Luftangriffen im Gazastreifen +++

Israel wie auch die Palästinenser baten den Uno-Sicherheitsrat um Hilfe. Der Islamische Dschihad erklärte jedoch, man werde nur eine Waffenruhe nach eigenen Bedingungen akzeptieren. Die Angriffe auf Israel würden fortgesetzt. Ägypten hatte zuvor eine Feuerpause vermittelt, die jedoch vom Islamischen Dschihad ignoriert wurde. Obwohl die im Gazastreifen herrschende Hamas versicherte, sie habe alle Aktivisten unter Kontrolle und nichts geschehe ohne ihre Anweisung, verstärkt sich der Eindruck, dass einige Splittergruppen auf eigene Faust handeln.

Israels Regierungschef hat der Armee Anweisung erteilt, gegen alle vorzugehen, "die uns angreifen wollen". Die Operationen im Gazastreifen würden so lange wie nötig weitergehen, kündigte Netanjahu an.

In den Jahren 2008 und 2009 waren israelische Truppen zu einer groß angelegten Bodenoffensive in den Gazastreifen vorgestoßen, um die ständigen Raketenangriffe der Hamas zu stoppen. Dabei wurden 1400 Palästinenser und 13 Israelis getötet.