Sie drohen mit Sanktionen, doch so lange sich Russland und China gegen eine Resolution sperren, kann wenig für die Menschen getan werden.

Brüssel/Syrien. Die Europäische Union hat sich „entsetzt“ über die Lage in Syrien gezeigt. Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Staaten kritisierten am Freitag zum Abschluss ihres Gipfels in Brüssel in scharfer Form Russland und China, weil diese im UN-Sicherheitsrat immer noch eine Resolution zur Verurteilung des Regimes von Präsident Baschar al-Assad verhindern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung in Syrien als „völlig inakzeptabel“. Die EU werde alles tun, damit jene, „die heute Menschenrechte aufs Schärfste verletzen, in Zukunft auch zur Verantwortung gezogen werden“, sagte die Kanzlerin in Brüssel.

„Wir werden ebenso wie in Serbien sicherstellen, dass es für die Verantwortlichen in Syrien einen Tag der Abrechnung gibt“, sagte der britische Regierungschef David Cameron. Seine Botschaft an die Machthaber in Damaskus, die das eigene Volk „abschlachten“, sei: „Entscheidet euch, kehrt dem verbrecherischen Regime den Rücken oder rechtfertigt euch vor Gericht für das Blut an euren Händen.“ In Syrien herrsche „mittelalterliche Barbarei“.

„Ich denke, dass es nicht tragbar ist, die Dinge passieren zu lassen wie sie passieren“, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Er sehe aber Bewegung in der Haltung Moskaus und Pekings zu Syrien: „Und natürlich werden wir nach den russischen Wahlen am nächsten Sonntag klarer sehen.“ Die Lage an Ort und Stelle werde den beiden Ländern schrittweise klar. Peking und Moskau würden auch erkennen, dass es für ihre Stellung in der arabischen Welt schwierig sei, weiter isoliert zu sein. „Es ist an ihnen, ihre Entscheidungen zu fällen“, sagte Van Rompuy.

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sagte, Paris habe seine Botschaft in Damaskus geschlossen. Auf die Frage nach einem möglichen militärischen Eingreifen sagte er: „Wir würden nichts tun, ohne dass es eine Entscheidung des UN-Sicherheitsrates gäbe.“

In der Erklärung des EU-Gipfels heißt es, Europa sei zu weiteren Sanktionen gegen Syrien bereit. Präsident Assad müsse zurücktreten. Sobald es einen demokratischen Übergang gebe, werde die EU diesen unterstützen. Die EU forderte erneut ungehinderten Zugang der humanitären Hilfsorganisationen zu den Hilfsbedürftigen. Man stehe bereit, um Hilfslieferungen zu finanzieren.

Die Vereinten Nationen haben unterdessen unbestätigte Berichte über mindestens eine Massenexekution und weitere Gräueltaten beim Vordringen syrischer Truppen in die Rebellenhochburg Baba Amro erhalten. „Wir sind sehr bemüht, diese Angaben zu überprüfen, waren dazu aber bisher nicht in der Lage“, sagte der Sprecher des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR), Rupert Colville, am Freitag in Genf.

Neben Hinweisen auf verschiedene brutale Verbrechen in Baba Amro gebe es einen Bericht über eine Massenexekution am Donnerstag, der 17 Menschen zum Opfer gefallen sein sollen. „Wir sind durch solche Angaben sehr beunruhigt, auch wenn wir sie im Moment nicht verifizieren können“, sagte Colville. „Es darf Racheakte wie Exekutionen, Folter oder willkürliche Verhaftungen nicht geben.“ Die Hochkommissariat für Menschenrechte appelliere an die syrischen Behörden, sofort sicherzustellen, dass keine derartigen Verbrechen verübt werden, sagte Colville.

Das Viertel Baba Amro in der Stadt Homs war in den vergangenen Wochen von Kämpfern der „Freien Syrischen Armee“ (FSA) gehaltenen worden, die sich nach eigenen Angaben vom Donnerstag „aus taktischen Gründen“ vor den anrückenden Regierungstruppen zurückzogen.

Die beiden aus der umkämpften syrischen Stadt Homs entkommenen französischen Journalisten Edith Bouvier und William Daniels sind inzwischen von Beirut in ihr Heimatland geflogen. Das bestätigten Sprecher des Flughafens der libanesischen Hauptstadt.

Bouvier war vergangene Woche verletzt worden, als syrische Sicherheitskräfte den Stadtteil Baba Amr mit Raketen beschossen. Dabei waren zwei weitere ausländische Journalisten getötet und ein weiterer verwundet worden. Am Donnerstag waren Bouvier und Daniels über die Grenze nach Libanon geschmuggelt worden. (dapd/dpa)