Dem Assad-Regime werden unter anderem Folter sowie willkürliche Hinrichtungen vorgeworfen. Syrische Armee hat derweil versucht, Homs zu stürmen.

Beirut/Berlin/London. Der Uno-Menschenrechtsrat hat die Angriffe syrischer Regierungstruppen auf Zivilisten scharf verurteilt und den Haupttätern mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht. In einer am Donnerstag in Genf mit großer Mehrheit angenommenen Resolution wird die Führung in Damaskus aufgefordert, die Gewaltanwendung gegen die eigene Bevölkerung sofort zu beenden.

Dem Regime von Präsident Baschar al-Assad werden unter anderem willkürliche Hinrichtungen, die Tötung von Demonstranten, Menschenrechtsaktivisten und Journalisten, Folter, sexuelle Gewalt, Misshandlung von Kindern und sowie die Behinderung medizinischer Hilfe vorgeworfen. Für die Resolution stimmten 37 der 47 Mitgliedstaaten des Rates, drei votierten dagegen, andere Staaten enthielten sich oder nahmen nicht teil. Russland, das vergeblich versucht hatte, die Syrien-Debatte zu verhindern, lehnte den Beschluss erwartungsgemäß ab. Auch China und Kuba stimmten mit Nein.

+++ Sondergesandter Kofi Annan plant Reise nach Damaskus +++

+++ Uno: Gewalt in Syrien fordert täglich bis zu 100 Opfer +++

Der Vertreter Moskaus begründete die Ablehnung damit, dass die syrische Regierung in der Resolution einseitig verurteilt werde, während Menschenrechtsverletzungen durch Rebellen unerwähnt blieben. Das Dokument enthalte "keine konstruktiven Signale, die zur Lösung der Krise beitragen könnten“. Russland und China hatten eine Syrien-Resolution im Uno-Sicherheitsrat per Veto scheitern lassen. Beschlüsse des Menschenrechtsrates, wo kein Veto möglich ist, sind allerdings nicht völkerrechtlich bindend. Das Assad-Regime ist bereits in der Uno-Vollversammlung mehrheitlich verurteilt worden. Auch die Durchsetzung dieses Beschlusses kann angesichts der Blockade im Sicherheitsrat nicht erzwungen werden.

Die jetzt angenommene neue Resolution war von Katar, Kuwait, Saudi- Arabien und der Türkei eingebracht worden. Deutschland und zahlreiche weitere Staaten schlossen sich dem Antrag an, unter ihnen die USA, Frankreich, Großbritannien, Ägypten und Jordanien. Die Bundesrepublik hatte maßgeblich als Koautor mitgewirkt und sich dafür eingesetzt, dass den syrischen Machthabern mit internationaler Strafverfolgung wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gedroht wird. Diese Forderung unterstrich in der Debatte auch Deutschlands Uno-Botschafter Hanns Schumacher.

Westerwelle begrüßt Resolution des Uno-Menschenrechtsrats zu Syrien

Außenminister Guido Westerwelle hat die Resolution des Uno-Menschenrechtsrates zu Syrien begrüßt. Dies erhöhe den Druck auf das syrische Regime, "seinen menschenverachtenden Kurs der Gewalt endlich zu beenden und den freien Zugang humanitärer Hilfe zu erlauben“, sagte der FDP-Politiker am Donnerstag in Berlin. Deutschland werde sich innerhalb und außerhalb der Vereinten Nationen weiter für ein Ende der Gewalt und einen politischen Neuanfang in Syrien einsetzen.

Aktivisten: Armee beginnt Sturm auf Baba Amro

Die syrische Armee hat nach Angaben von Regimegegnern versucht, das Viertel Baba Amro in der Stadt Homs zu stürmen. Die Aktivisten berichteten am Donnerstag von Artillerieangriffen und Panzern, die rund um das Viertel in Stellung gebracht wurden. Es sei zu Gefechten zwischen den angreifenden Truppen und Deserteuren der Freien Syrischen Armee gekommen. Baba Amro gehört zu den Hochburgen der Gegner von Präsident Baschar al-Assad und steht seit mehr als drei Wochen unter Dauerbeschuss.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana meldete unterdessen, in einem Krankenhaus in Homs sei am Mittwoch ein Krankenpfleger von "bewaffneten Terroristen“ getötet worden. An der türkisch-syrischen Grenze hätten sich Grenzwächter ein Gefecht mit "bewaffneten Terroristen“ geliefert, die angeblich Waffen aus der Türkei ins Land bringen wollten. Wegen der Medienblockade durch die Regierung sind Berichte aus Syrien oft nicht zu überprüfen.

Der libysche Übergangsrat entschied am Mittwochabend, seine Unterstützung für den von Oppositionellen gegründeten Syrischen Nationalrat (SNC) zu verstärken. Man wolle unter anderem ein Bankkonto für den SNC in Libyen eröffnen und den Oppositionellen 100 Millionen US-Dollar (rund 75 Mio Euro) zukommen lassen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Lana.

Syrische Opposition gründet Militärrat

Der Syrische Nationalrat (SNC) hat in Kooperation mit der Freien Syrischen Armee einen Militärrat gegründet. Ziel sei die Organisation und Bündelung des bewaffneten Widerstands gegen das Regime von Präsident Baschar Assad, sagte SNC-Präsident Burhan Ghaliun in Paris, wo der Nationalrat seinen Sitz hat. Die Revolution habe friedlich begonnen, doch die Realität heute sei eine andere. Die Gefahr eines Bürgerkriegs spielte Ghaliun herunter. Die Aufgabe des Militärrats sei es, friedliche Demonstranten und die Zivilbevölkerung zu schützen. Doch Waffen, die aus dem Ausland nach Syrien geliefert würden, sollten vom Rat kontrolliert und verteilt werden.

Großbritannien schließt Botschaft in Damaskus

Großbritannien hat seine Botschaft in Damaskus geschlossen und alle Diplomaten aus Syrien abgezogen. Außenminister William Hague begründete den Schritt am Donnerstag mit der "Verschlechterung der Sicherheitslage“. Hague hatte zuvor die für die Regierung von Präsident Baschar al-Assad kämpfenden Truppen aufgefordert, die Waffen niederzulegen.

Die Schließung der britischen Botschaft bedeute nicht, dass Großbritannien nicht weiterhin diplomatischen Druck auf die Regierung Syriens ausübe, die Gewalt zu beenden, heißt es in einer Erklärung Hagues. Großbritannien werde mit dem oppositionellen syrischen Nationalrat und mit dem Syrien-Beauftragten von Uno und Arabischer Liga, Kofi Annan, zusammenarbeiten.

Briten, die trotz der dringenden Empfehlung, das Land zu verlassen, in Syrien bleiben müssen, sollten sich an verbleibende Botschaften anderer EU-Ländern wenden. Auch die USA hatten ihre Botschaft in Damaskus bereits vor drei Wochen geschlossen. (dpa/dapd)