Griechenland sieht seine Sparanstrengungen in der Schuldenkrise nicht genug gewürdigt. Deutschland und andere Euro-Staaten bleiben skeptisch.

Brüssel/Berlin. Dem Präsidenten platzte der Kragen. "Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt?", fragte Karolos Papoulias am Mittwochabend bei einem Treffen mit dem Verteidigungsminister und hohen Offizieren, und auch eine Anspielung auf die eigene Biografie fehlte nicht: "Wir haben immer nicht nur unsere Freiheit, sondern auch die Freiheit Europas verteidigt", sagte Papoulias, der während des Zweiten Weltkriegs gegen die deutschen Besatzer gekämpft hatte. "Ich akzeptiere nicht, dass Herr Schäuble mein Land verhöhnt, als Grieche akzeptiere ich das nicht."

Wer ist Wolfgang Schäuble? In erster Linie ist er deutscher Finanzminister. Wie kein anderer Regierungspolitiker in der Euro-Zone steht Schäuble derzeit öffentlich aber für eine Haltung des tiefen Misstrauens gegenüber der griechischen Regierung, der griechischen Politik im Allgemeinen. Die Finnen, Niederländer, die Luxemburger hat der Staatspräsident im Übrigen noch vergessen, um den Klub derer zu komplettieren, die ein großes Unbehagen ob der Lage in Griechenland plagt.

+++ Papoulias: "Wer ist Schäuble, dass er Griechenland kränkt?" +++

Die Euro-Zone könne eine Pleite des Landes heute besser verkraften als vor zwei Jahren, sagt Schäuble. Der Finanzminister hat seine Formulierung dafür gefunden, wie lange man Athen zu helfen bereit ist: Man werde den Griechen helfen, aber nur, wenn klar sei, dass man "nicht Geld in ein Fass ohne Boden schütten" werde. Bislang ist nicht klar zu erkennen, ob das Fass einen Boden hat oder nicht. In einer Telefonkonferenz beschlossen die Euro-Finanzminister daher, dass sie bei der nächsten Sitzung am Montag noch einmal den Wasserstand prüfen wollen.

Die Troika, die Überwachsungstruppe des Internationalen Währungsfonds, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank, sieht nach etlichen Monaten zum ersten Mal Fortschritte, so erzählen es Teilnehmer der Telefonkonferenz. Ihr Chef Jean-Claude Juncker sagte, er sei zuversichtlich, dass die Euro-Gruppe am Montag "alle notwendigen Beschlüsse" fassen könne, es gehe voran in Griechenland, viele der Voraussetzungen habe das Land erfüllt.

So hat Griechenland einen Plan für Einsparungen im Wert von 325 Millionen Euro, zusätzlich und in diesem Jahr, vorgelegt - nach Einschätzung der Troika sind aber noch Details offen. Die Regierungsparteien haben immerhin alle den geforderten Brief an EZB-Chef Mario Draghi, an den IWF und die europäischen Regierungschefs unterschrieben, in dem sie sich auf eine Einhaltung des Spar- und Reformkurses auch nach der für April geplanten Parlamentswahl verpflichten. "Wir sind deutlich weiter als vor einer Woche", hieß es aus Verhandlungskreisen. Aber die Zweifel bleiben: So kündigt Nea-Dimokratia-Parteichef Antonis Samaras an, dass "Änderungen an den Maßnahmen möglicherweise nötig sein werden". Dabei ist Schäubles Ärger über die Versprechungen noch lange nicht verraucht, die Athen seit zwei Jahren in schöner Regelmäßigkeit abzugeben genötigt wird - und anschließend in genauso schöner Regelmäßigkeit bricht. So gibt der griechische Wirtschaftsminister Michaelis Chrysochoides alle Fehler der Vergangenheit zu: Die Subventionen aus Europa, die Griechenland seit dem Beitritt zur Gemeinschaft bekommen habe, sind eben alle in den Konsum gegangen - und nicht dazu verwendet worden, das Land zu restrukturieren. Lange her. Allerdings fordert Chrysochoides jetzt auch, endlich Schluss zu machen mit den Forderungen an sein Land: "Wir tun wirklich sehr viel, um Griechenland zu ändern. Jetzt ist es an Brüssel, ein positives Votum abzugeben." Griechenland habe schließlich alle Bedingungen der Geldgeber und der Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF erfüllt, sagt der Finanzminister - eine Behauptung, die Teilnehmer der Telefonkonferenz vom Mittwoch nach Anhörung der Troika nur in Teilen bestätigen wollen und die das Bundesfinanzministerium erst noch prüfen will: "Die Schlussfolgerungen werden am Montag gezogen, weil vorher die Fakten noch gar nicht klar sind", sagte Steffen Kampeter, Schäubles parlamentarischer Staatssekretär. Aber steht Griechenland zu den Zusagen seiner politischen Führung auch nach der Wahl? Die Umfragen sehen eine Mehrheit längst nicht mehr für die beiden Regierungsparteien Pasok und Nea Dimokratia, sondern bei drei Parteien der entschiedenen Linken. Die versprechen, sich gegen das Diktat aus Europa zu wehren.

Für wen wollen die Finanzminister dann aber Hilfen beschließen? Reicht der Druck also aus, und hilft er noch? Wirtschaftsminister Chrysochoides sieht es so: "Der Ruf nach Strafe ist die schlechteste aller Optionen, mit dem Problem umzugehen." Er wünscht sich Unterstützung, denn "Monat für Monat gewinnen wir an Wettbewerbsfähigkeit. Griechenland wird ein neues Land sein", sagt er. Ganz so, als genüge es, nur fest daran zu glauben.